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1-2-2019

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Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik

Predictive Maintenance

Predictive Maintenance Bild 1: Bei der Predictive Maintenance wird häufig mit sogenannten P-F-Kurvendiagrammen gearbeitet. Darin kennzeichnet P1 das Ereignis, das nach einiger Zeit zu einem Fehler F führen wird, aus dem sich in der Regel ein ungeplanter Maschinen- bzw. Anlagenstillstand ergibt. In der Zeitspanne zwischen P2 und F (P-F-Intervall) kann man mit geeigneter Messtechnik erkennen, dass demnächst ein Ausfall bevorsteht. Durch den Einsatz hochauflösender Sensorik und geeigneter Machine-Learning-Algorithmen sind größere Zeitspannen möglich, da ab P1 bereits detektierbare Anomalien existieren. Deep Learning mit neuronalen Netzen. Maschinenbauer und Betreiber als Anwender müssen sich mit der Implementierung derartiger mathematischer Methoden nicht auskennen, das übernimmt der Cloud-Betreiber. Vom Anwender wird lediglich erwartet, dass er laufend Rohdaten aus Bild 2: Es gibt zwei grundsätzlich unterschiedliche Konzepte zur Informationsgewinnung aus Sensordaten, die sich für Predictive Maintenance eigenen. Im ersten Fall werden die Rohdaten über geeignete Internetverbindungen permanent an eine Cloud übermittelt und dort ausgewertet. Alternativ lassen sich die Sensorrohdaten durch Embedded Machine Learning auch vor Ort in Informationen umwandeln und die Informationen an die Cloud weiterleiten. der Steuerung und vor allem durch zusätzlich installierte Sensoren in die Cloud schickt und dass er für die Nutzung der Cloud-Dienste regelmäßig zahlt. Das rasante Wachstum solcher Daten-basierter PM-Lösungen konnte man Ende November 2018 auf der SPS IPC Drives in Nürnberg sehr gut an den vielen Sensorto-Cloud-Angeboten für Automatisierer erkennen. Neben der Cloud etabliert sich allerdings auch noch die Edge als Umgebung für automatische Datenanalysen: Die Spezial-Algorithmen laufen dann nicht irgendwo in der Cloud, sondern auf einer Hardware vor Ort (siehe hierzu Beispielsweise Microsoft Azure IoT Edge oder SAP IoT Edge Computing). Sensor-to-Cloud-Probleme Die Angebotsvielfalt und das damit verbundene intensive Marketing bleiben nicht ohne Folgen. Immer mehr industrielle PM-Anwendungen nutzen offensichtlich Sensor-to-Cloud- Konzepte aus der IoT-Welt. Dabei werden Sensorrohdaten an eine Cloud-Serviceplattform im Internet übertragen, um dort mit Hilfe intelligenter Algorithmen aus dem Umfeld der künstlichen Intelligenz (KI) werthaltige Informationen zu gewinnen, die sich für Effizienzverbesserungen und Kosteneinsparungen per vorausschauender Instandhaltung nutzen lassen. Dabei entstehen drei Nachteile: 1. Datenmengen- und Bandbreitenproblematik: Die Sensorrohdaten werden praktisch in die Cloud gestreamt. Durch Vibrations-, Beschleunigungs-, Schall- und Bildsensoren können sehr große Datenmengen anfallen – aus einer Sekunde Mikrofondaten eines Antriebselements entstehen bei einer Abtastrate von 14,4 kHz insgesamt 14.400 Datenpunkte, die in die Cloud müssen. Insofern ist eine breitbandige Internetanbindung der Sensoren erforderlich. Bei einem in der Fläche nach wie vor sehr lückenhaften Mobilfunknetz ist nachvollziehbar, warum verschiedene Interessengruppen auf 5G warten. 2. Verfügbarkeit von Cloud und Kommunikationsverbindung: Weder die Cloud, noch die Kommunikationsverbindung zwischen Sensor und Cloud, haben eine 100%-Verfügbarkeit. Insofern werden nicht alle Sensordaten in der Cloud ankommen. Zufällig auftretende Messwerte, die auf ein Lebensdauer-relevantes Ereignis schließen lassen (z. B. Spannungsspitzen, die Kondensatoren beschädigen), dürfen für die Auswertung aber nicht verloren gehen. Ansonsten lassen sich bevorstehende Maschinen- bzw. Anlagenstillstände durch die Algorithmen in der Cloud nicht sicher vorhersagen. 3. Cloud-Provider- Abhängigkeit: Da sich die Serviceschnittstellen und Algorithmenimplementierung einzelner Anbieter zum Teil erheblich voneinander unterscheiden, entsteht durch die Anbindung der Sensoren einer Maschine oder Anlage eine große Abhängigkeit vom jeweiligen Cloud-Serviceprovider. Wird eine PM-Anwendung erfolgreich in der Praxis genutzt, ist ein späterer „Umzug“ zu einem anderen Provider nur noch mit sehr großem finanziellem Aufwand möglich. Des Weiteren existieren keine Verfügbarkeitsgarantien für einzelne Services. Über einen Maschinenlebenszyklus von beispielsweise 15 Jahren sind auch hier Abhängigkeitsprobleme zu erwarten. 6. Sensordaten- vs. Informationsweitergabe: Alternativ lassen sich identische Algorithmen aus der Open-Source- Welt auch direkt am oder im Sensor bzw. auf einem Edge-Gateway einsetzen. Damit sind die Datenanalysen für PM-Wartungsstrategien in Echtzeit durchführbar, ohne die einzelnen Rohdaten zuvor an eine Cloud zu übertragen. Die Bearbeitungsstufen einer solchen Information-to-Cloud-Lösung – von der Sensordatenerfassung bis zur Informationsgewinnung – sind nahezu identisch zum Sensor-to- Cloud-Konzept. Statt der Sensorrohdaten werden nun allerdings nur die jeweils veränderten Ausgangsinformationen eines Algorithmus an eine Cloud übergeben (siehe hierzu auch Bild 2 und die dazugehörenden Erläuterungen der Tabelle 1). Würde man beispielsweise die Ausgangsdaten des zuvor bereits angesprochenen Mikrofones, also die 14.400 Messpunkte je Sekunde, 16 PC & Industrie 1-2/2019

Predictive Maintenance Ablauf der Datenerfassung und -verarbeitung Teilaufgabe in Bild 2 Beschreibung 1: Sensorrohdatenerfassung Die Sensorrohdaten werden aus den einzelnen Sensorelementen ausgelesen und als Liste bzw. n-dimensionaler Vektor intern gespeichert. Bei Bedarf wird dieser Vektor um zusätzliche Daten aus externen Quellen (z. B. eine SPS) ergänzt. 2: Datenvorverarbeitung Der n-dimensionale Vektor wird für die Datenanalyse aufbereitet (eingebettetes Sensor-Daten- Preprozessing bzw. integrierter Clean and Transform-Prozess [wird in der Machine-Learning-Welt vielfach auch als Data Cleaning and Preparing-Prozess bezeichnet]). 3: Datenanalyse Hier kommt ein Machine Learning- oder Deep Learning-Algorithmus (KI-Algorithmus) zur Anwendung. Für den Einsatz eines Supervised Machine Learning-Algorithmus wird ein Modell benötigt, bevor eine automatische Datenanalyse periodisch durchgeführt werden kann. 4: Ergebnisweitergabe Das Ausgangsdatum des KI-Algorithmus (beispielsweise ein diskreter Zahlenwert als Ergebnis einer Klassifizierung oder kontinuierliche Größen, aus denen sich Vorhersagen ableiten lassen, im Fall einer Regression) wird jeweils über eine Kommunikationsschnittstelle weitergegeben. 5: Informationsauswertung und Entscheidungsfindung Machine-Learning-Algorithmen und neuronale Netze liefern Informationen, um intelligente Entscheidungen zu treffen. Die Entscheidungsfindung selbst erfolgt separat. Wie die Entscheidungen hinsichtlich der durchzuführenden Arbeiten einer proaktiven Wartungsmethode jeweils getroffen werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. A: Sensor-to-Cloud Die Sensorrohdaten werden direkt an eine Cloud weitergeleitet. Alle weiteren Teilaufgaben, von der Datenvorverarbeitung bis zur Informationsgewinnung, erfolgen in der Cloud-Serviceplattform. Die dafür erforderlichen Algorithmen werden von einem Anbieter implementiert und kontrolliert. Dieser hat auch Zugriff auf alle anfallenden Daten. B: Information to-Cloud Alle Teilaufgaben, von der Sensorrohdatenerfassung bis zur Informationsgewinnung, erfolgen direkt am bzw. im Sensor oder auf einem Edge-Gateway in der Nähe der Sensorik. Die Qualität der jeweiligen Algorithmen ist direkt kontrollierbar. Lediglich die Informationen am Algorithmus-Ausgang werden an eine externe Serviceplattform weitergegeben. Tabelle 1: Die meisten Teilaufgaben zur Informationsgewinnung aus Sensordaten in Bild 2 können entweder in der Cloud oder direkt vor Ort am bzw. im Sensor oder auf einem Edge-Gateway im Umfeld der Sensorik erfolgen. Eine Vor-Ort-Datenanalyse bietet viele Vorteile und wird bei Predictive-Maintenance-Anwendungen in Zukunft die Bedeutung der Cloud reduzieren auf einen entsprechend vortrainierten Machine-Learning-Algorithmus zur Klassifizierung einzelner Zustände des Antriebselements führen, entstehen im Normalbetrieb nur wenige Messwerte pro Tag. In der Praxis würde ein solcher Algorithmus aus den Mikrofondaten jeweils einen zuvor im Rahmen der Modellbildung (Anlernen des Algorithmus mit Hilfe von Trainingsdaten) festgelegten Zustand bestimmen. Nur bei einem Zustandswechsel von „OK“ auf „Kritisch“ würde eine neue Information am Ausgang zur Verfügung stehen. ◄ Bild 3: Zukünftige Sensoren für Predictive-Maintenance-Anwendungen haben einen deutlich größeren Softwareanteil als die zurzeit existierenden Produkte. Dabei wandert ein Teil der Funktionen, für die gegenwärtig Cloud-Services genutzt werden, aus unterschiedlichen Gründen (z. B. Datensparsamkeit, Echtzeit- und Datenschutzprobleme) direkt in den Sensor. Im Sensor selbst entsteht dabei eine vierstufige Verarbeitungskette aus Rohdatenerfassung, Datenvorverarbeitung, Datenanalyse und Informationsweitergabe. PC & Industrie 1-2/2019 17

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