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1-2018

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  • Medizinelektronik
  • Medizintechnik
Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement

Stromversorgung

Stromversorgung Netzteile für Medizingeräte in häuslicher Umgebung IEC 60601-1-11:2015 – besondere Anforderungen Bild 1: Verschiedene Umgebungen für den Betrieb von ME-Geräten Autor: Stefan Suttorp, Field Application Engineer Medical, FRIWO Gerätebau GmbH www.friwo.de Der Einsatz medizinscher Geräte in der eigenen Wohnung nimmt immer stärker zu. Patienten können heute viele Behandlungen außerhalb des Krankenhauses durchführen: Blutdruckmessgeräte oder Beatmungsgeräte zur Behandlung schlafbezogener Atmungsstörungen (SBAS) befinden sich schon häufig in privaten Haushalten. Elektronische Geräte mit Kommunikationsanschluss bieten neue Möglichkeiten ambulanter Therapie, was in der Regel effizienter und kostengünstiger als ein langwieriger Krankenhausaufenthalt ist. Die elektrischen Medizingeräte müssen für ihren Einsatz in häuslicher Umgebung allerdings speziellen Anforderungen genügen, welche im nachfolgenden Artikel näher erläutert werden sollen. Wesentliche Normen für den Einsatz von medizinischen Geräten in häuslicher Umgebung Die Anforderungen an die Geräte werden unter anderem durch die Norm IEC60601-1-11 definiert. Die Norm behandelt die wesentlichen Leistungsmerkmale für die medizinische Versorgung in häuslicher Umgebung und definiert entsprechende Sicherheitsvorkehrungen an medizinischelektrischen (ME) Geräten und Systemen. Unter häuslicher Umgebung versteht die Norm sowohl die Wohnung, in der ein Patient lebt, als auch andere Orte, an denen sich Patienten befinden können (z. B. Pflegeheime oder Fahrzeuge), jedoch keine professionellen Einrichtungen zur Gesundheitsfürsorge oder Einrichtungen für ärztliche Notfalldienste (Bild 1). Übergangfrist endet am 31.12.2018 Die aktuelle Version der IEC 60601-1-11 wurde im April 2016 als „Deutsche Fassung EN 60601- 1-11:2015“ veröffentlicht, eine Übergangfrist der bisherigen Norm endet am 31.12.2018. Die wesentlichen Leistungsmerkmale als auch die Sicherheit von Medizingeräten sollen unter fast allen Umständen erhalten bleiben, was mittels der im weiteren Verlauf des Artikels dargelegten Sicherheitsvorkehrungen erreicht werden soll. Neben den Sicherheitsanforderungen aus der IEC 60601-1-11 gelten in diesem Einsatzbereich auch verschärfte Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit gemäß der IEC60601-1-2. Besondere elektrische Anforderungen an ME-Geräten und deren Netzteile Die Netzspannung in AC-Stromversorgungsnetzen wird üblicherweise mit ±10 % der Nennspannung angenommen. Dies definiert den Bereich, in welchem die Geräte funktionieren müssen. Da an vielen Orten – speziell in Altbauten – die Auslegung der elek- 46 meditronic-journal 1/2018

Stromversorgung Bild 2: Symbole der Gehäusebedruckung von Netzteilen. Links Schutzklasse 2, rechts die Funktionserde trischen Verkabelung schlecht ist, müssen ME-Geräte in einem weiter gefassten Bereich von 85 - 110 % der Nennspannung funktionieren. Für Geräte, die dafür bestimmt sind, einen Patienten am Leben zu erhalten oder ihn wiederzubeleben, gelten noch strengere Anforderungen: Diese müssen ihre Aufgaben im Bereich von 80 - 110 % der Nennspannung sicher erfüllen. Bei der Auswahl des Netzteils muss der Hersteller des ME-Geräts beachten, dass die Leistungsaufnahme zu den Ausgangsdaten des Netzteils in diesen Anwendungsfällen passt. Des Weiteren ist zu beachten, dass ME-Geräte, die nicht fest an das Stromnetz angeschlossen sind: • nur mit Netzteilen der Schutzklasse II oder mit interner Stromversorgung betrieben werden dürfen • keine Funktionserde verwenden dürfen • nur Anwendungsteile vom Typ BF (Body-Floating, Körperbezug mit Stromfluss) oder CF (Cardial Floating, Herzbezug mit Stromfluss) verwenden dürfen. Auf das Vorhandensein bzw. Fehlen dieser Symbole sollte daher beim Netzteil explizit geachtet werden (Bild 2): Hintergrund der elektrischen Anforderungen Die Forderung nach Schutzklasse II begründet sich in der Tatsache, dass viele Häuser keine funktionierende Erdung haben. Bei Geräten der Schutzklasse I fließt im Fehlerfall über den Schutzleiter ein Strom zur Erde und löst den Fehlerstromschutzschalter (RCD, früher FI genannt) oder eine Sicherung aus. Bei einer Gebäudeinstallation mit mangelhafter oder gänzlich fehlender Erdung kann dies zu einem tödlichen elektrischen Schlag führen. Geräte der Schutzklasse II verfügen dagegen über eine doppelte Isolierung und sind im Falle dieses Fehlers sicher. Die Funktionserde dient bei Geräten zur elektromagnetischen Entstörung. Bei fehlender Erdung kann dies aufgrund unzulässiger Störpegel zu Fehlfunktionen führen. Bei Geräte ohne Funktionserde ist dies dagegen nicht der Fall. Von Anwendungsteilen spricht man, wenn eine elektrisch leitende Verbindung zwischen Patient und Gerät besteht. In diesem Fall muss der Patientenanschluss von der Erde und dem AC-Versorgungsnetz isoliert sein. Der Strom, der beim Berühren des Patientenanschlusses durch den Patienten zur Erde fließt, darf bei Anwendungsteilen die Grenzwerte von 100 µA für Geräte des Typs BF sowie 10 µA für den Typ CF nicht überschreiten. Ein solches Anwendungsteil lässt sich leichter realisieren, wenn der Ableitstrom des Netzteils bereits die entsprechenden Grenzwerte für BF oder CF einhält. Besondere Schutzanforderungen gegen Eindringen von Wasser und Fremdkörper Bei ME-Geräten, die in häuslicher Umgebung eingesetzt werden, geht man von einem erhöhten Risiko des Eindringens von Wasser aus. Aus diesem Grund schreibt die IEC 60601-1-11 grundsätzlich die IP-Schutzklasse IP01 vor. Für Geräte, die während des Betriebs bewegt werden dürfen, sowie für handgehaltene Anwendungen wird gemäß der IEC 60529 die erhöhte Schutzart IP02 gefordert. Des Weiteren müssen die Geräte auch für Kinder berührsicher (Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern ≥5,6 mm) aufgebaut sein und somit nicht nur IP21 oder IP22 erfüllen. Wegen des geschlossenen Kunststoffgehäuses erfüllen externe Netzteile häufig von Hause aus die Schutzklasse IP40 – jedoch ist es ein weit verbreiteter Irrglaube, dass wegen des geschlossenen Gehäuses auch automatisch ein Schutz gegen eindringendes Wasser besteht. Hier sind die Angaben und Testergebnisse des Herstellers sowie die zulässigen Gebrauchslagen IP - Kennziffer Erste IP-Kennziffer Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern Erklärung, welche Fremdkörper nicht in das Gehäuse eindringen dürfen Schutz gegen Eindringen von Feuchtigkeit oder Wasser Zweite IP-Kennziffer Erklärung zur Schutzmaßnahme 0 Ungeschützt Kein besonderer Schutz Ungeschützt Kein besonderer Schutz 1 ≥50,0 mm Durchmesser Größere Körperflächen (z. B. Hand). Feste Fremdkörper über 50 mm Durchmesser Senkrechtes tropfen Geschützt gegen herabtropfendes Wasser (senkrecht fallende Tropfen) 2 ≥12,5 mm Durchmesser Finger oder Prüfmittel bis 80 mm Länge, feste Fremdkörper über 12,5 mm Durchmesser 3 ≥2,5 mm Durchmesser Werkzeuge oder ähnliches, feste Fremdkörper über 2,5 mm Durchmesser 4 ≥1,0 mm Durchmesser Drähte oder feste Fremdkörper über 1,0 mm Durchmesser Tropfen (15° Neigung) Sprühwasser Spritzwasser Geschützt gegen senkrecht fallende Tropfen bei einer Neigung des Gehäuses von bis zu 15° der Gebrauchslage Sprühendes Wasser aus einer Neigung bis 60° darf den Betrieb des Gerätes nicht gefährden Geschützt gegen gespritztes Wasser aus beliebiger Richtung meditronic-journal 1/2018 47

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