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12-2015

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Fachzeitschrift für Hochfrequenz- und Mikrowellentechnik

EMV Aspekte der

EMV Aspekte der entwicklungsbegleitenden EMV-Beratung Die Anforderungen an das EMV-Knowhow bei modernen Produktenwicklungen sind gestiegen. Heute ist die Empfindlichkeit von ICs wesentlich höher als noch vor Jahren, und die Menge an einzuhaltenden EMV- Richtlinien ist ebenfalls stetig angewachsen. Wir betrachten in diesem Beitrag Möglichkeiten, die sich heute für den Elektronikentwickler bei der EMV-Optimierung von Geräten und Schaltungen ergeben. Bei der Störaussendung hat sich der Pegel der Störaussendungsquellen aufgrund der kleineren Schaltungsstrukturen und der niedrigeren Versorgungsspannungen verringert. Durch die gestiegenen Signalfrequenzen allerdings, die bei höherer Performance entstehen, wird dieser Vorteil wieder aufgehoben, sodass sich im Allgemeinen für die Störaussendung nichts Wesentliches geändert hat. Eine Ausnahme sind die Elektroantriebe in Fahrzeugen. Dort haben sich die Probleme durch hohe HF-Ströme, die in Anwendungen ohne Elektroantrieb nicht auftraten, wesentlich verschärft. Für die Störfestigkeit verstärken sich die Probleme im Allgemeinen. Das wird durch die geringeren Versorgungsspannungen und die kürzeren Schaltzeiten der ICs verursacht. Mit der Verringerung der Versorgungsspannung verringern sich auch die Störschwellen der ICs. Durch ihre größere Schnelligkeit werden auch kurze Störimpulse erfasst. Bild 1: Kein Land in Sicht, wenn der Prüfling durch den EMV- Gerätetest fällt. EMV-Maßnahmen sind dann am wirkungsvollsten, wenn bereits von Beginn der Entwicklung an ein fundiertes EMV- Konzept erarbeitet wird Phänomene, die besonderes neues EMV-Knowhow verlangen. Denn - moderne schnelle ICs reagieren in besonderer Art und Weise auf sehr kurze Störimpulse und erzeugen damit ein vollkommen neues EMV-Verhalten des Prüflings, - neue Technologien kommen mit noch nicht dagewesenen technischen Anforderungen (z.B. Elektroautomobil bezüglich Störaussendung) und - neue technische Systeme stellen hohe EMV-Anforderungen an die Verbindungstechnik. Wenn man technisches Neuland betritt, ist es erforderlich, entsprechendes Knowhow als Begleitung zu haben. Ein Berater mit dem entsprechenden Wissen auf Spezialfeldern kann das leisten. Für den Berater ist ein ständiger Kontakt zu den aktuellsten und meist kompliziertesten EMV- Problemen nötig. Beim Lösen dieser Probleme kann er das nötige Knowhow aufbauen. Die schwersten EMV-Fälle, die in der Industrie auftreten, kommen zum Berater. Er kann sein Wissen anwenden, aber gleichzeitig sammelt er neue Erfahrungen. Bei dieser Arbeit erkennt der Berater die durch Technikentwicklung bedingten neuen EMV-Phänomene bereits bei ihrem ersten Auftreten. Das kann Jahre vorher sein, bevor diese EMV-Phänomene in der Pra- Neue EMV-Phänomene Man sieht: Durch die Technikentwicklung im Elektronikbereich entstehen neue EMV- Bild 2: IC-Testplatz für Pulsstörfestigkeit. Mit diesem Messaufbau kann der Entwickler oder IC- Hersteller die Störschwelle jedes einzelnen IC-Pins ermitteln. Entsprechende Schutzmaßnahmen können im Layout daraufhin für den IC berücksichtigt werden. Bei größeren Stückzahlen lohnt sich eine Optimierung des ICs durch den IC-Hersteller 24 hf-praxis 12/2015

EMV Bild 3: Der ESD-Gerätetest kann, wenn er negativ ausfällt, die Markteinführung eines Produktes erheblich hinauszögern. Die EMV-Härtung des Gerätes verursacht oft hohe und ungeplante Kosten xis allgemein bekannt werden. Zum Beispiel können schnelle Einschwingvorgänge bei ESD- Entladungen nur schnelle ICs beeinflussen. Das geschieht über neue, noch nicht bekannte Wirkungsketten. Der Entwickler sieht nur das Ergebnis beim EMV-Test. Dort verhält sich der Prüfling unerklärlich abnorm (Bild 1), denn die Einschwingvorgänge bei ESD-Entladungen haben eine Zeitdauer von nur ca. 200 ps. Nur schnelle ICs können durch sie beeinflusst werden. Die Laufzeit des Störpulses ist so kurz, dass normale Ableitsysteme nicht in der Lage sind, ihn kurzzuschließen. Das heißt, die Störspannung baut sich in voller Größe auf und stört die Elektronik. Der Fachmann meint allerdings, es wäre alles kurzgeschlossen. Die auftretenden Fehlerbilder sind abnorm und können nicht mehr eindeutig interpretiert werden. Heute tritt dieser Effekt häufig auf, vor zehn Jahren war das noch selten. Wenn man die zugrundeliegenden Probleme kennt, sind sie beherrschbar. Bei Beratungen und der ständigen Auseinandersetzung mit diesen Problemen lernt man das sehr schnell und kann darauf hin zügig und zielführend bei weiteren solchen Problemen unterstützen. Verschiedene Eingriffstiefen Je nach dem zu lösenden EMV- Problem gibt es verschiedene Eingriffstiefen in den Entwicklungsablauf. Diese ziehen mehr oder weniger Aufwand nach sich. Folgende generelle Möglichkeiten ergeben sich, ein Gerät zu entstören: 1) Bestückungsänderungen 2) Layoutänderungen 3) Tausch des ICs, das die Schwachstelle verursacht 4) Verbesserung des ICs, das die Schwachstelle verursacht (Bild 2) 5) Änderung des Gehäuses bzw. der mechanischen Konstruktion Zu 1): Die Bestückungsänderung beinhaltet den geringsten Aufwand. Sie ist die Hoffnung des Kunden. Meist lässt sich dieser Wunsch jedoch nicht erfüllen, da tiefer eingegriffen werden muss. Zu 2): Layoutänderungen bedeuten die Neuentwicklung der Leiterkarte. Das Verschieben von Testpunkten kann Auswirkungen auf Prüfadapter haben. Zu 3): Praktisch kann der Tausch eines ICs mit QFP-Gehäuse gegen ein IC mit BGA-Gehäuse zum Ziel führen. Dies setzt aber voraus, dass überhaupt ein IC mit BGA-Gehäuse gleicher Funktion verfügbar ist. Zu 4): Bei entsprechender Größe des Gesamtprojekts ist es auch möglich, gemeinsam mit dem IC-Hersteller das IC zu verbessern. Man vermeidet damit zusätzlich konstruktiven Aufwand, mit dem man das IC von außen schützen müsste. Zu 5): Die konstruktive Änderung des gesamten Produkts zieht hohen Aufwand nach sich. Im einfachsten Fall wäre das ein Schirmteil, welches ergänzbar ist. Im anderen Fall kann es sein, dass Metall- und Kunststoffteile umkonstruiert werden müssen. Zwei Beratungstypen Generell kann man zwischen zwei Beratungstypen unterscheiden: - Katastrophenberatung Die Markteinführung eines Produkts wird durch permanente EMV-Probleme blockiert (Bild 3). Verzweiflung. Der Berater wird um Hilfe gerufen. - entwicklungsbegleitende Beratung Zur entwicklungsbegleitenden Beratung kommt es meist aus Kundenerfahrung. Die Idee keimt aus vorangegangenen Katastrophenberatungen in Verbindung mit neuen Projekten, die bisher noch nicht dagewesene EMV-Anforderungen enthalten. Das können Neuentwicklungen sein, die eine um den Faktor 10 bis 100 höhere Performance bieten, gepaart mit Erstanwendungen von neuen technischen Prinzipien, und somit ein Vorstoß in Neuland sind. Dabei kann es sein, dass der Berater ebenfalls Neuland betritt. Die Idee liegt nahe, Prototypen zu bauen und an ihnen die notwendigen Maßnahmen auszutesten. Komplexe Systeme sind aus Erfahrung so nicht beherrschbar. Es wird viele Schwachstellen geben, die sich im Prototypen im Allgemeinen undurchschaubar überdecken. Schlussendlich entsteht eine Lösung, die aber nicht zufriedenstellen sein kann. Im Allgemeinen kommt man mit viel Zeit und Geld zu einem hinkenden Kompromiss. Bewährt hat sich dahingegen das Zerlegen des Gesamtsystems in einzelne überschaubare Teile. Dabei ist vom Wirkzusammenhang auszugehen und das Gerät in elementare Abschnitte zu zergliedern. Beispiel Highspeed- Bussystem Das soll am Beispiel eines Highspeed-Bussystems gezeigt werden. Das Bussystem soll unter allen Umständen, auch bei einem ESD Einschlag, bit-fehlerfrei arbeiten. Den Signalweg des Highspeed- Bussystems zerlegt man in einzelne Komponenten, wie Sende-Empfangs-IC, Leiterkartenabschnitte, Steckverbinder und Kabel. Alle Komponenten werden einzeln auf Eignung getestet und entsprechend verbessert. Dafür müssen entsprechende EMV-Ziele definiert werden. Zum Schluss baut man die optimierten Komponenten zum ersten Muster zusammen. und es wird nicht mehr störanfällig sein, wenn der Berater und der Kunde richtig zusammen gearbeitet haben. Im Weiteren soll die Komponente Highspeed Steckverbinder betrachtet werden. Ein Testsystem aus einer Highspeed- Strecke aufzubauen (Prototyp des Highspeed-Systems) wäre zu unflexibel. Besser ist es, die physikalische Größe des Steckverbinders zu kennen, die ihn im Wirkzusammenhang des ESD- Störpfades beschreibt. Diese physikalische Größe ist die Koppelinduktivität. Sie beschreibt den Zusammenhang des ESD-Störstroms, der auf dem Außenmantel des Steckerstifts fließt, und der induzierten Spannung auf den inneren Signalleitern. Für den Steckverbinder ist die Koppelinduktivität eine frequenzunabhängige Konstante, hf-praxis 12/2015 25

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