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2-2019

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Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement

Software Software in der

Software Software in der Medizintechnik Innovationen zwischen Vorschriften und Normen Ziehm Vision - ein C-Bogen mit Bildverstärker an der Uni Leipzig (Bild: Ziehm) Autor: Jens Fuderholz, Fachjournalist Fürth MedtecLIVE www.medteclive.com Software wird immer komplexer, in rasender Geschwindigkeit reiht sich eine Innovation an die nächste – auch in der Medizintechnik. Kaum ein medizinisches Gerät kommt ohne sie aus, Software ist zum Enabler geworden. Ein aktuelles Beispiel ist dafür das Schlagwort Künstliche Intelligenz, das in der Branche zunehmend an Bedeutung gewinnt. Auch für Siemens Healthineers ist sie ein großes Thema: „Die Künstliche Intelligenz dringt in unsere Systeme vor, es sind zunehmend Softwareapplikationen, die dem Arzt Unterstützung geben können bei der Diagnose“, so Gerd Hoefner, Leiter des in Indien stationierten Softwareentwicklungszentrums von Siemens Healthineers, einem der weltweit führenden Medizintechnikunternehmen. „Wir haben es hier mit einer in Software gegossenen Künstlichen Intelligenz zu tun, mit deren Hilfe Bilder aufbereitet werden können in einer Art und Weise, die vor ein paar Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre.“ Natürlich dürfen bei den technischen Neuheiten auch gesetzliche Vorschriften nicht vernachlässigt werden: „Grundsätzlich werden Medizinprodukte zunehmend komplexer und gleichzeitig steigen auch die Erwartungen an einfache Bedienbarkeit und Zuverlässigkeit. Daher müssen die relevanten Normen entsprechend mehr Szenarien abdecken. Ganz besonders betrifft das die Softwareentwicklung“, gibt Alexander Brendel zu bedenken. Der Director Life Science bei der Infoteam Software AG, einem langjährigen Anbieter von normativ regulierten Softwarelösungen ergänzt zudem: „Immer mehr Funktionen werden per Software realisiert, Geräte sind über das Internet vernetzt oder nutzen drahtlose Kommunikationswege. Deshalb adressieren die ISO 13485, die IEC 62304 und auch die MDR und IVDR beziehungsweise FDA das Thema Software in Medizinprodukten deutlich umfangreicher als früher.“ Brendels Worte machen deutlich: Für medizinische Software gibt es einige Regeln zu beachten. Gerade im Hinblick auf die bevorstehende Umstellung zur MDR zeigt sich eine Tendenz zu steigenden Anforderungen. Der nachfolgende Artikel gibt einen ersten Einblick in die damit verbundenen Herausforderungen, denen sich die Branche stellen muss, betrachtet aktuelle Entwicklungen und zeigt auf, inwiefern Software-Entwickler als externe Dienstleister Unterstützung bieten können. Einen Blick auf die Rolle der Software in der Medizintechnik wirft auch die Nürnberger MedtecLIVE: „Vom 21. - 23. Mai können sich Hersteller und Medizinsoftware-Entwickler im Messezentrum Nürnberg über aktuelle Branchentrends, die MDR und vieles mehr informieren“, so Alexander Stein, Executive Director MedtecLIVE bei der Nürnberg- Messe. „Dabei schaffen wir den Brückenschlag von den Zulieferern über die Hersteller bis zu den Anwendern, die sich im MedTech Summit austauschen und informieren. Gerade für die Software- Entwicklung verspricht dieser Brückenschlag wertvolle Impulse“, sagt Stein. Durch den Verbund mit dem MedTech Summit – Congress und Partnering erhalten die Teilnehmer zudem Fachinformation hochkarätiger Experten und können interaktiv technologische Trends und marktrelevante Heraus forderungen adressieren. 88 meditronic-journal 2/2019

Software Bild: Siemens Software als Differenzierungsmerkmal Software wird in Medizinprodukten immer wichtiger, findet Moritz Hoyer, Site Manager des Beratungsunternehmens Medidee Services (Deutschland) GmbH : „Bei medizinischen Produkten, die Software enthalten, ist es mittlerweile gerade diese geworden, die das Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb ausmacht.“ Anders sieht es Gerd Hoefner, für den die Hardware nach wie vor das entscheidende Kriterium ist. Doch auch er thematisiert den Wandel: „Ich denke mal, wir sind mit unseren Modalitäten nach wie vor führend – auch mit der Hardware, aber man geht davon aus, dass die Hardware mittelfristig zur Commodity verkommt und die Differenzierung nach und nach im Prinzip durch die Software erfolgen wird.“ Ein Aspekt, der hier miteinfließt: „Mechanische Funktionalität zu kopieren ist eigentlich recht einfach, aber den Zusatznutzen, den wir über Applikationen bieten können, das ist das, was in weiten Teilen unsere Marktposition ausmacht.“ Eine ähnliche Entwicklung stellt Dr. Claudia Brunner, Global Product Managerin bei Ziehm Imaging, fest: „Die Hauptdifferenzierung erfolgt nach wie vor über Hardware, allerdings sind wir der Meinung, dass Software immer wichtiger wird. Insbesondere die Cyber Security ist ein sehr wichtiges Thema. Wir bekommen dazu Anfragen aus aller Welt, viele Kunden machen ihre Kaufentscheidung vermehrt von den Lösungen zur Cyber Security abhängig.“ Bisher sei das in anderen Teilen der Welt noch stärker verbreitet als bei uns, aber in den nächsten Jahren werde es auch hier verstärkt nachgefragt werden, gibt Brunner zu bedenken. Da passt es gut, dass dieses Thema auch im Programm der MedtecLIVE im Mai auf einem der zwei Fachforen adressiert wird. Zudem sieht Brunner eine zunehmende Gewichtung der Usabilty (Gebrauchstauglichkeit). Ein Punkt, den auch Moritz Hoyer anspricht: „Eine besonders große Bedeutung kommt vermehrt der graphischen Benutzeroberfläche (Graphical User Interface) zu.“ Laut einer Studie der FDA seien rund 80 Prozent der Fehler, die mit Medizinprodukten in Krankenhäusern passieren, auf eine schlechte Anwendbarkeit zurückzuführen. „Nicht zuletzt aus diesem Grund wird die Gebrauchstauglichkeit immer mehr in den Vordergrund gestellt. Das ist wichtig, damit Anwender, Ärzte, Pflegepersonal, Therapeuten und Patienten auch wirklich sicher mit den Geräten umgehen können“, sagt Hoyer. Vorschriften und Normen bei Medizinprodukten Benutzerfreundlichkeit ist auch ein Punkt, der in den Vorschriften Bild: Ziehm und Normen von Medizingeräten festgehalten ist, konkret in der EN 62366. Weitere wesentliche, die Software betreffende Richtlinien sind das Risikomanagement (EN ISO 14971), die Produktsicherheit (EN 60601) und die Mindestanforderungen bezüglich des Software-Lebenszyklus-Prozesses (EN 62304). Die Einhaltung dieser und weiterer anwendbarer Vorgaben ist für die Konformität mit den Regularien auf dem europäischen Markt zwingend erforderlich. Eingebettet sind diese in die MDD (Medical Device Directive). Am 25. Mai 2020 wird die MDD nach einer dreijährigen Übergangsphase von der MDR (Medical Device Regulation) abgelöst. Diese Umstellung bringt einen enormen Aufwand mit sich, denn: „Unter der MDR gibt es nun eine eigene Klassifizierungsregel für Software, nämlich die Regel 11. Zwar gibt es bereits jetzt schon Software, die definitiv ein Medizinprodukt ist, aber jetzt kommt eine speziell auf Software ausgelegte Klassifizierungsregel dazu, aufgrund der Software in den meisten Fällen höher klassifiziert wird und darum eine benannte Stelle bei der Zulassung eingeschaltet werden muss. Aktuell fällt Software in die niedrigste Risikoklasse,“ erklärt Martin Schmid, Geschäftsführer und Senior Consultant von en.co.tec, einem österreichischen Unternehmen, das sich auf die Beratung für Qualitätsmanagement, Medizinprodukte-Zulassung und Risiko management spezialisiert hat. Moritz Hoyer ergänzt: „Unter der MDD gibt es noch keine spezielle Klassifizierungsregel, für Stand alone Software – also Software, die nicht fest mit der Hardware eines Medizinproduktes verbunden ist (Beispiel: Medical Apps für Smartphones). Bei der Klassifizierung von Standalone Software helfen momentan einschlägige Leitlinien wie die MEDDEV-Guidance Dokumente. Nach diesen Regeln sind ungefähr 90 Prozent der Standalone Software als Klasse I-Produkte klassifiziert worden. Mit der MDR wurden spezifische Regeln zur Klassifizierung von Medizinsoftware eingeführt die den bestimmungsgemäßen Gebrauch von Soft ware enger auslegen. Die neuen Klassifizierungsregeln der MDR werden dazu führen, dass die meisten Stand alone Software Produkte nun in die höheren Risikoklassen IIa oder IIb fallen. Viele der App-Entwickler die Medizinische Apps im App Store von Apple oder Google anbieten wissen weder dass ihre Software eigentlich ein Medizinprodukt ist, noch sind sich diese App Entwickler bewusst welche regulatorischen Anforderungen bezüglich Sicherheit und Leistungs fähigkeit für deren Produkte anzuwenden sind.“ Diese Herausforderung greift die Session medXregulation des MedTech Summit parallel zur MedtecLIVE auf. meditronic-journal 2/2019 89

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