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4-2018

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  • Medizinelektronik
  • Medizintechnik
Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement

Aktuelles Nur noch

Aktuelles Nur noch weniger als zwei Jahre für die MDR-Umsetzung Die neue EU-Verordnung für Medizinprodukte (Medical Device Regulation – MDR) sollte eigentlich eine Vereinfachung bringen und die Zulassungen in den verschiedenen Ländern erleichtern. Allerdings bedeutet sie für die Unternehmen einen deutlichen Mehraufwand und viele Fragen sind noch ungeklärt Vor gut einem Jahr war hier im meditronic journal zu lesen, dass die neue EU-Verordnung für Medizinprodukte (Medical Device Regulation – MDR) die Hersteller von Medizinprodukten vor große Autor: Hans-Peter Bursig, Geschäftsführer des Fachverbands Elektromedizinische Technik im ZVEI - Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. www.zvei.org Herausforderungen stellt – nicht zuletzt wegen der kurzen Übergangsfrist bis zum 26. Mai 2020. Höhere Anforderungen an die technische Dokumentation und neue Anforderungen an die klinische Bewertung der Produkte könnten aber auch die Basis für eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Lieferanten sein. Diese Aussagen gelten auch über ein Jahr nach in Kraft treten der MDR grundsätzlich weiter. Andererseits stellt sich die Situation auch kritisch dar, wenn man bedenkt, dass den Unternehmen bald nur noch zwanzig Monate Zeit zur Verfügung stehen, um die neuen Konformitätsbewertungen nach MDR erfolgreich abzuschließen. Alle Medizinprodukte, die auch nach dem 26. Mai 2020 weiter in der EU vertrieben werden sollen, müssen nach der MDR einer neuen Konformitätsbewertung unterzogen werden. Die Möglichkeit, Medizinprodukte mit einer gültigen Konformitätsbewertung nach der alten EU-Richtlinie über Medizinprodukte (Medical Devices Directive - MDD) noch bis zum 26. Mai 2025 weiter in Verkehr bringen zu dürfen, bringt hier nur eine kleine Erleichterung für die Hersteller. Benannte Stellen Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es in der gesamten EU noch keine Benannte Stelle, die akkreditiert ist, um Konformitätsbewertungen nach der MDR durchzuführen. Wann und wie viele Benannte Stellen die Akkreditierung erfolgreich abschließen und wann die ersten Konformitätsbewertungen überprüft werden können, ist aktuell unbekannt. Genauso unbekannt ist zum jetzigen Zeitpunkt, wie die Benannten Stellen mit der 14 meditronic-journal 4/2018

Aktuelles Überprüfung der neuen Anforderungen umgehen werden, welche die MDR enthält. Anforderungen an die Technische Dokumentation Aus Sicht der Zulieferunternehmen lohnt besonders ein Blick auf die Anforderungen an die Technische Dokumentation der Medizinprodukte, die in Art. 10 Absatz 4 der MDR dargestellt sind. Inhalt und Umfang der Technischen Dokumentation sind in den Anhängen II, III und XIV ausführlich dargestellt. Neu ist dabei die Anforderung, die Technische Dokumentation im Zusammenhang mit den Erkenntnissen aus den Marktbeobachtungspflichten regelmäßig zu aktualisieren. Dazu müssen unter anderem eine Reihe von neuen, regelmäßigen Berichtsformaten zur Marktbeobachtung herangezogen werden. Dazu gehören der PostMarket Clinical Follow Up (PMCF) als Teil des Clinical Evaluation Report (CER), der Periodic Safety Update Report (PSUR, Art. 86), der Post Market Surveillance Report (PMS Report, (Art. 85), der Kurzbericht über die Sicherheit und klinische Leistung (Art. 32) sowie das neue Trendreporting (Art. 88). Aus der Analyse dieser Berichte können sich Änderungen und Ergänzungen der Technischen Dokumentation ergeben, die auch zugelieferte Teile und Subsysteme berühren können. Hierzu müssen die Zulieferer dann eventuell einen eigenen Beitrag leisten. Was bedeutet die MDR für Zulieferunternehmen? Neu ist ebenfalls, dass die Arbeit der Lieferanten unter der MDR möglicherweise stärker überwacht werden wird, als das bisher der Fall war. Art. 10 Absatz 9 d) der MDR benennt das Ressourcenmanagement als eigenes Thema innerhalb der Herstellerpflichten. Explizit werden dabei „Zulieferer oder Unterauftragnehmer“ genannt. Allerdings werden beide Begriffe nur in den Auditkriterien weiter spezifiziert. Dort heißt es jedoch: „Eine Benannte Stelle ist vor dem Audit und im Einklang mit ihren dokumentierten Verfahren für folgende Aufgaben als Teil der Bewertung des Qualitätsmanagement-Systems zuständig: • Definition der Beziehungen zwischen verschiedenen Fertigungsstätten sowie Beschreibung der jeweiligen Zuständigkeiten. Zudem müssen die einschlägigen Lieferanten und/oder Unterauftragnehmer des Herstellers benannt sein. • Ebenfalls notwendig ist die Einschätzung, ob ein besonderes Audit nötig ist, für diese Lieferanten oder Unterauftragnehmer oder sogar für beide.“ Vertragliche Vereinbarungen prüfen Als Folge davon werden die bisherigen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Herstellern von Medizinprodukten und ihren Lieferanten zumindest überprüft und gegebenenfalls auch angepasst werden müssen. Die MDR verlangt vom Qualitätsmanagementsystem der Hersteller jetzt ausdrücklich ein umfassendes Ressourcenmanagement, das sowohl die Auswahl wie auch die Kontrolle von Zulieferern und sogar deren Unterauftragnehmern mit abbilden muss. Behörden wie Benannte Stellen sind demnach gefordert, sich kritischer mit den Zulieferern der Medizinproduktehersteller auseinanderzusetzen als bislang üblich. Es ist also zu erwarten, dass die Hersteller an die eigenen Zulieferer strengere Anforderungen stellen und die Kooperation mit Lieferanten auch vertraglich neu regeln müssen. Außerdem müssen sich die Zulieferer und deren Unterauftragnehmer auch darauf einstellen, dass der eigene Betrieb möglicherweise von einer Benannten Stelle im Zusammenhang mit der Überprüfung eines Qualitätsmanagementsystems eines Herstellers von Medizinprodukten separat überprüft wird. Vielleicht geschieht dies sogar überraschend und unangekündigt. In der Praxis könnte das dazu führen, dass ein Unternehmen, welches eine sicherheitsrelevante Komponente an verschiedene Hersteller von Medizinprodukten liefert, mehrfach von unterschiedlichen Benannten Stellen auditiert wird. Wie eine solche Situation vermieden werden kann, gehört ebenfalls zu den ungeklärten Details der Umsetzung der neuen MDR. NAKI: Hilfestellung für Hersteller von Medizinprodukten Seit nun mehr einem Jahr arbeitet der NAKI (Nationaler Arbeitskreis zur Implementierung der MDR) mit seinen Untergruppen an einem gemeinsamen Verständnis und praxisnahen Lösungsvorschlägen für Auslegungsfragen der MDR. Das BMG gibt den Herstellern mit diesem vorausschauenden Vorgehen eine wichtige Hilfestellung für die Vorbereitung auf die MDR. Der ZVEI ist am NAKI direkt beteiligt und hat Vertreter aus seinen Mitgliedsunternehmen in die Unterarbeitsgruppen entsandt. Am 1. Februar 2018 hat die zweite NAKI-Hauptgremiumsitzung stattgefunden, in der die bisherigen Ergebnisse (Fragen & Antworten-Kataloge) der sieben NAKI- Untergruppen • UG 1: Übergangsbestimmungen • UG 2: Benannte Stellen • UG 3: Herstellerpflichten • UG 4: Marktüberwachung • UG 5: Klassifizierung/ Abgrenzung • UG 5: Vigilanzsystem • UG 6: Klinische Bewertung, klinische Prüfung • UG 7: Aufbereitung vorgestellt wurden. Die ersten Ergebnisse aus den Untergruppen des NAKI wurden am 6. Februar 2017 auf der Website des BMG veröffentlicht. Nach dieser ersten Ergebnispräsentation werden die NAKI-Unterarbeitsgruppen nicht aufgelöst. Einige werden ihre Arbeit zügig fortsetzen, andere werden in den „Standby-Modus“ übergehen und bei neuen Fragen ihre Arbeit wieder aufnehmen. Der nationale Implementierungsprozess soll mit dem europäischen verzahnt werden. Das BMG wird deshalb versuchen die „deutschen Interpretationen“ auf die europäische Ebene zu tragen. Das BMG hat angekündigt, sich jetzt verstärkt der nationalen Gesetzgebung zu widmen. Hierbei müssen große Teile des nationalen Rechts aufgehoben bzw. nationales Recht angepasst werden. Fazit: Auch Lieferanten können von Änderungen und Un sicherheiten durch die MDR betroffen sein Unsicherheit Die Hersteller von Medizinprodukten bereiten sich trotz der weiterhin bestehenden Unsicherheiten inhaltlich so gut wie möglich auf die Umsetzung der neuen MDR vor. Immerhin ist die Grundstruktur des Verfahrens zur Konformitätsbewertung unverändert geblieben. Bei der Umsetzung der neuen Anforderungen auf einzelne Produkte und Prozesse ergeben sich aber immer wieder Fragen im Detail, die noch nicht verbindlich beantwortet werden können. Damit überträgt sich die Unsicherheit bei den Herstellern auch auf die Lieferanten. Zulieferer für Hersteller von Medizinprodukten sollten sich deshalb auf Anfragen der Kunden zu den oben genannten Punkten vorbereiten. Es ist zu erwarten, dass zumindest in der Anfangsphase mehr technische Daten und Informationen zu den gelieferten Komponenten erfragt werden, als bisher. Auch die Einbindung in das Qualitätsmanagementsystem der Hersteller von Medizinprodukten bzw. die Kontrolle der Lieferanten kann enger werden, als das bisher der Fall ist. Auch Lieferanten für Medizinproduktehersteller sollten sich also mit den Regeln der MDR beschäftigen, um auf entsprechende Nachfragen und Anforderungen von Kunden reagieren zu können. ◄ meditronic-journal 4/2018 15

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