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4-2018

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Fachzeitschrift für Elektronik-Produktion - Fertigungstechnik, Materialien und Qualitätsmanagement

Dienstleistung Bild 7:

Dienstleistung Bild 7: Pins im Neuzustand Bild 4: Alterungsprozesse und Risikofaktoren: Äußere Diffusionsprozesse als Indikator der Alterung Bild 8: Pins mit Korrosion Bild 5: Dendritenwachstum von Leiterbahnen durch Elektromigration Bild 6: In der linken Bildhälfte ist deutlich die rötliche Färbung des Kupfer-Trägermaterials erkennbar. Rechts im Bild ist das Kupfer schon deutlich verfärbt und weist damit eine fortgeschrittene Oxidation/ Korrosion auf Materialwanderung und Diffusion auf Chipebene: Materialwanderung findet auch im Bauteilinneren, also auf Chipebene, statt und kann verschiedenste Ursachen und Auswirkungen haben. So führt beispielsweise die durch Strom verursachte Elektromigration (gerichteter Materialtransport durch allmähliche Bewegung von Atomen bzw. Ionen in einem festen Leiter), zu einer starken Verminderung der Zuverlässigkeit elektronischer Komponenten. Dünne Aluminium-Leiterbahnen werden bei hohen Stromdichten zunehmend belastet und degradieren, was im schlimmsten Fall zu einem Totalausfall einer oder mehrerer Leitungen und damit zur Unbrauchbarkeit des gesamten Bauteils führt. Diffusionsprozesse im Halbleitermaterial und den Dotierungsbereichen führen zur Erhöhung von Leckströmen, die dann zu Fehlfunktionen oder auch Datenverlust führen können. Korrosion und Oxidation Die Alterung durch Feuchte und Sauerstoff führt durch den in konventionellen Stickstoff-Dry-Packs enthaltenen Restsauerstoff und möglicherweise vorhandene Feuchtigkeitsgehalt zu Oxidations- und Korrosionsprozessen an Bauteilanschlüssen und Kontaktoberflächen bzw. Bond Pads bei Bare- DIEs und Wafern. Zuverlässige Löt- oder Bondverbindungen sind somit nach einiger Zeit erschwert, teilweise sogar unmöglich (Bild 6, 7, 8 und 9) Schadstoff-Ausgasung Ausgasungen von z. B. Additiven wie Weichmachern, Flammschutzmitteln, Lösungsmitteln oder aus Umverpackungen können zur Korrosion von Bauteilanschlüssen und Kontaktoberflächen führen und damit die Lötbarkeit der elektronischen Komponenten negativ beeinträchtigen. Zusätzlich sind aggressive Ausgasungen natürlich auch extrem schädlich für die empfindlichen Chip- und Aluminium-Leiterstrukturen auf den Halbleiterchips. Eine Analyse der Belastung des der Ware beigefügten speziellen Absorptionsmaterials der Firma HTV nach unterschiedlichen Lagerzeiten mittels GC-MS zeigt, dass bereits nach 3 Jahren in einem Standard-Drypack mit BGA- Bauteilen eine hohe Belastung mit Schadstoffen wie z. B. Styrol, Toluol, Ethylbenzol, Xylole sowie aromatischen Kohlenwasserstoffen vorliegt. Wie das nachfolgende Beispiel zeigt, können die aus der Elektronik ausgasenden Schadstoffe zu erheblichen Beeinträchtigungen an Bauteilen und Baugruppen führen: Das im Flammschutzmittel enthaltene Phosphor bewirkt auf umgebenden Bauteile z. T. massive Korrosionsprozesse, die in funktionalen Beeinträchtigungen oder sogar Fehlfunktion resultieren können (Bild 10). Whiskerbildung Ein weiterer Alterungsprozess ist die Ausbildung von Whiskern (feinste einkristalline Zinnnadeln), häufig resultierend aus mechanischen Spannungen innerhalb der auf dem Leadframe (d. h. damit auch den Anschlusspins) meist galvanisch aufgebrachten Zinnschichten oder auch durch Korrosions- und Oxidationsschichten auf der Zinnoberfläche oder intermetallischem Phasenwachstum. Whisker beein- 32 4/2018

Dienstleistung Bild 9: Auswirkung von Oxidationsprozessen: Links der Ausgangszustand, rechts die Reduktion der Benetzbarkeit von QFP100 Bauteilen um ca. 75 % nach 3 Jahren Standard-Drypack-Lagerung trächtigen die Funktionalität elektronischer Komponenten erheblich, da durch Whisker Kurzschlüsse zwischen Bauteilanschlüssen und ggf. Fehlfunktionen und Bauteilschädigungen im Betrieb entstehen können (Bild 12). Zinnpest Bei der sogenannten Zinnpest wandelt sich silberweißes, metallisches β-Zinn unterhalb von 13,2 °C in das grauschwarze α-Zinn, das über eine andere Kristallstruktur und Dichte verfügt, um. Da α-Zinn ein größeres Volumen als β-Zinn hat, verliert das Material seine Integrität, die Kornstruktur löst sich auf und es entsteht Zinnpulver, das löttechnisch nicht mehr zu aktivieren ist. Speziell Reinzinn-Oberflächen begünstigen diese Umwandlung, wodurch insbesondere unverarbeitete Bauteile betroffen sind (Bild 13 und 14). Alterung von Kunstoffen Bei elektronischen Bauteilen und Baugruppen sind eine Vielzahl der unterschiedlichsten Kunststoffe entweder als Feststoff, Vergussmasse oder auch Kleber verbaut. Somit sind hier verschiedene Alterungsmechanismen mehr oder weniger stark vertreten. Das Langzeitverhalten von Kunststoffen wird überwiegend durch den chemischen Abbau dominiert. Dabei werden die Makromoleküle entweder ausgehend von der Oberfläche (z. B. diffusionskontrollierte Oxidation) oder homogen (z. B. Hydrolyse) abgebaut. Auslöser können sowohl innere als auch äußere Faktoren wie z. B. Wärme-, Licht- und Sauerstoffeinwirkungen sowie Feuchtigkeit und Verunreinigungen sein. Parallel zu chemischen Alterungsprozessen laufen aber auch physikalische Alterungsprozesse ab (z. B. Weichmacherverlust, Weichmacherwanderung), die aufgrund der komplexen Wechselwirkungen häufig nicht eindeutig differenzierbar sind. So können sich während der Alterung die Eigenschaften wie Glasübergangstemperatur (Tg), Dichte und Härte ändern sowie Risse oder Brüche im Kunststoff auftreten. Ebenso hat die Alterung Auswirkungen auf die elektrischen Eigen schaften wie z. B. die Durchschlagsfestigkeit und den Oberflächenwiderstand. Risikofaktoren bei Baugruppen und Geräten Neben der Lagerung von Einzelbauteilen ist in vielen Fällen auch die Langzeitkonservierung von kompletten Baugruppen und Geräten eine sinnvolle und manchmal unvermeidliche Option. Im Gegensatz zur Bauteillagerung muss weder Produktionsequipment noch Fertigungs-Know-how vorgehalten werden; die Baugruppen und Geräte sind somit sofort einsatzbereit und können direkt an den Endkunden oder in den Ersatzteilmarkt geliefert werden. Insbesondere für medizintechnische Geräte mit aufwendig zertifizierten Baugruppen ist die Langzeitlagerung von entscheidender Bedeutung, da alternativ z. B. ein eventuell benötigtes Redesign der Baugruppe mit großem Zeit- und Kosten aufwand aufgrund möglicherweise erneuten Zertifizierungen verbunden ist. Aufgrund der enormen Typenvielfalt und Kombinatorik der Einzelkomponenten zeigen Baugruppen häufig zusätzliche Alterungseffekte, welche die ordnungsgemäße Funktionalität der gesamten Baugruppe gefährden können. Gerade während einer Langzeitlagerung besteht die Gefahr, dass Ausgasungen aus den verwendeten Lacken und Vergussmassen sowie Rückstände aus dem Lötprozess zu Korrosion und Oxidation an bestückten Komponenten führen. Zusätzlich besteht bei Kondensatoren (insbesondere bei Elektrolytkondensatoren) das Risiko, dass sie während der Lagerung ihre Kapazität ändern oder ihren Leckstrom erhöhen, was den Totalausfall und damit die Zerstörung der gesamten Baugruppe zur Folge haben kann. Bei LC-oder OLED-Displays Bild 10: Die Ausgasung von Schadstoffen während der Lagerung kann zu Korrosionseffekten an metallischen Oberflächen führen 4/2018 Bild 11: Vermessung von Verunreinigung auf einer metallischen Oberfläche (CuSnNi): Spuren von Phosphor im Spektrum der energiedispersiven Röntgenanalyse (EDX) geben den Hinweis auf Korrosionsprozesse durch ein phososphorhaltiges Flammschutzmittel 33

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