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4-2019

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Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik

Speichermedien

Speichermedien Evaluation von Flash basierten Speichermedien für den Einsatz in der Industrie Bild 1: Die Funktionsweise von NAND basierten Speichern am Beispiel einer SLC-NAND-Zelle Autor: Patrik Hellmüller, Syslogic GmbH www.syslogic.de Das Industrial Internet of Things (IIoT) wird gerade Realität. Gemäß aktuellen Studien wird sich der IIoT- Markt in den nächsten fünf Jahren verdoppeln. Entsprechend wird die Nachfrage nach allen Komponenten steigen, die zur Realisierung des IIoT notwendig sind. Dazu gehören auch Speichermedien – und diesbezüglich sind vor allem kompakte NAND Flash basierte Speicher auf dem Vormarsch. NAND Flash basierte Speicher, umgangssprachlich Flash-Speicher genannt, bieten nicht nur dank ihrer kompakten Bauweise Vorteile im Vergleich zu Harddisks, sondern auch wegen ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber Schocks und Vibrationen. NAND Flash basierte Speicher mit Fixed BOM (Bill of Material) bieten Industrieunternehmen zudem hohe Sicherheit bezüglich Systemkompatibilität. Auf der anderen Seite haben NAND basierte Speicher einen großen Nachteil, sie altern und lassen nur eine beschränkte Anzahl Schreib- und Löschzyklen zu. Was bedeutete das für die Industrie? Sind Flash-Speicher überhaupt für Industrieanwendungen geeignet? Wie sieht es in Sachen Zuverlässigkeit und Langlebigkeit aus? Wie wählen Industrieanwender aus der Fülle von angebotenen Flash-Speichern das richtige Produkt aus? In diesem Beitrag behandeln wir die wichtigen Punkte zu NAND Flash basierten Speichern. Damit soll die Grundlage für eine seriöse und bedarfsgerechte Speicherevaluation gelegt werden. Die Funktionsweise von NAND basierten Speichern Um Speicher bedarfsgerecht zu evaluieren, ist es wichtig, die Funktionsweise von NAND basierten Speichern zu verstehen. NAND steht für NOT-AND, dies bezieht sich auf die Logik des NAND-Gatters. Bei NAND basierten Speichern handelt es sich um nicht flüchtige Speicher. Das heißt, dass gespeicherte Daten erhalten bleiben, unabhängig davon, ob das Speichermedium am Strom angeschlossen ist oder nicht. NAND basierte Speichermedien bestehen unabhängig ihres Formfaktors (z. B. 2,5“, Compact Flash, SD Card, micro SD Card oder M.2) aus vier Komponenten. • Aus einer Schnittstelle, über die sich das Speichermedium ansteuern lässt • aus Active ICs, darunter versteht man die Schaltkreise • aus dem Flash-Controller, dem eigentlichen Hirn des Speichermediums • und aus dem Flash-Modul, dem Speichermodul, auf dem die Daten gespeichert werden. Der kleinste Bestandteil eines Flash-Moduls ist die NAND-Zelle. Eine NAND-Zelle funktioniert mittels eines Transistorkanals (Source- Drain) und zwei Gates, einem Control Gate und einem Floating Gate. Das Floating Gate ist mittels einer Oxidschicht von Control Gate und Transistorkanal isoliert. Werden mittels Programmierspannung Elektronen durch die Oxidschicht hindurch in das Floating Gate gedrückt (Tunneleffekt), werden sie dort permanent gehalten, auch ohne Spannung. Die Oxidschicht verhindert also, dass die Elektronen wieder abfließen. Die unterschiedlichen NAND-Flash-Technologien: SLC-, MLC-, TLC- und 3D-NAND Die Entwicklung NAND basierter Speicher ist stark vom Consumer-Markt getrieben. Grundsätzlich geht es darum, immer mehr Speicherkapazität auf immer kleinerem Raum zur Verfügung zu stellen, und damit den Preis pro Megabyte Speicherkapazität zu senken. Durch die wachsende Speicherdichte wird die NAND-Flash-Technologie auch bei großen Speicherkapazitäten preislich zunehmend eine Konkurrenz zu Harddisks. Auf der anderen Seite leiden durch die hohe Speicherdichte die Langlebigkeit und Zuverlässigkeit der NAND basierten Speichermedien. Heute unterscheidet man SLC-, MLC-, TLC- und 3D-NAND- Speicher. Bei SLC-NAND (Single Level Cell) wird pro NAND-Zelle nur ein Bit gespeichert. Je nachdem, ob zwischen Source und Drain (siehe Bild 1) Strom fließt oder nicht, wird der Zustand 0 oder 1 ausgelesen. Bei MLC-NAND (Multi Level Cell) werden pro NAND-Zelle zwei Bits gespeichert, es können also vier verschiedene Ladungszustände pro NAND ausgelesen werden. Bei TLC- NAND (Tipple Level Cell) werden pro NAND-Zelle drei Bits gespeichert, es können also acht verschiedene Ladungszustände pro NAND ausgelesen werden. Bei 3D-NAND werden planare NAND-Zellen (wie bei SLC, MLC oder TLC) vertikal übereinandergestapelt, um eine nochmals höhere Speicherdichte zu erreichen. Heutige 3D-NAND-Speicher bauen auf MLC- oder TLC-NAND auf. Sie werden auch als V-NAND oder 3D-V-NAND (Vertical) bezeichnet. Durch die kürzeren Verbindungen zwischen den Speicherzellen (Stapeltechnik) können die Speicherkapazität und die Speichergeschwindigkeit erhöht und der Stromverbrauch reduziert werden. Consumer-Markt Im Consumer-Markt werden heute vorwiegend TLC-Speicher eingesetzt, weil sie drei Bit pro NAND speichern und wegen dem großen Produktionsvolumen bieten sie niedrige Kosten bei hoher Speicherkapazität. Allerdings ist die Haltbarkeit der gespeicherten Daten bei TLC-Speichern begrenzt. Es müssen acht verschiedene Ladungsni- 56 PC & Industrie 4/2019

Speichermedien Bild 2: SLC NAND speichern ein Bit pro Zelle, MLC deren zwei und TLC drei Bit veaus unterscheidbar sein, um drei Bits zu lesen – schon geringe Alterungserscheinungen machen das unmöglich. Entsprechend lassen SLC am meisten Lese- und Schreibzugriffe pro NAND zu, weil sie nur zwei Ladungszustände unterscheiden müssen. Außerdem sind die gespeicherten Daten bei SLC am haltbarsten (Retention). 3D-NAND werden zunehmende im Consumer-Bereich eingesetzt. Für Industrieanwendungen spielen sie aktuell noch keine Rolle. Pseudo Single Level Cell – das Beste, was man aus MLC machen kann Weniger Spannungsniveaus machen die gespeicherten Informationen also weniger verletzbar. Entsprechend sind sogenannte pSLC- Speicher (Pseudo Single Level Cell) ein kommerziell als auch technologisch interessanter Kompromiss. Die pSLC-Technologie nutzt die kosteneffizienten MLC-NAND für nur zwei unterschiedliche Ladungszustände. Entsprechend ist sie bedeutend schneller als normale MLC- NAND-Speicher und erhöht die möglichen P/E Cycles (Program/Erase) von 3000 auf 20 000. Gleichzeitig steigt die Endurance der Speichermedien um das Sechsfache, während der Preis pro gespeichertes Bit sich nur verdoppelt. Möglich wird die hohe Anzahl an P/E Cycles durch die einfachere Zuordnung der Ladungszustände. Einerseits, weil nur zwei Zustände zu unterscheiden sind (anstelle von vier bei MLC), andererseits weil der Unterschied zwischen den Spannungsniveaus deutlich größer ist als bei MLC. Um die Spannungsunterschiede zwischen den Ladungszuständen zu vergrößern, muss der Speicherhersteller allerdings die Firmware anpassen. Zudem sind spezielle MLC-NAND nötig, welche die pSLC-Technologie unterstützen. Die Alterung von NAND-Speichern Es gibt hauptsächlich zwei Arten von Verschleiß, eine davon ist die Verschiebung der Schwellenspannung. Jedes Mal, wenn die Programmierspannung angelegt und der Tunneleffekt generiert wird, beschleunigt ein starkes elektrisches Feld Elektronen in Richtung der Oxidschicht. Einige dieser Elektronen werden in der Oxidschicht gefangen, anstatt diese zu passieren. Damit verschiebt sich auf Dauer die Schwellwertspannung, bis die Zelle nicht mehr lesbar ist Der zweite Alterungseffekt sind Risse, die sich mit der Zeit in der Oxidschicht bilden. Über diese kann Ladung abfließen und die NAND-Zelle verliert langsam das gespeicherte Bit. Hohe Temperaturen beschleunigen diesen Effekt zusätzlich. Insbesondere gegen Ende des Lebenszyklus einer NAND-Zelle nimmt die Retention (Fähigkeit, Informationen zu bewahren) extrem ab. Man kann sowohl bei einem Single-Level-Cell-NAND (SLC) wie bei einem Multi-Level- Cell-NAND (MLC) ursprünglich von einer Retention von 10 Jahren ausgehen. Am Ende des Lebenszyklus sinkt sie aber auf nur mehr ein Jahr. Dieser Punkt ist bei MLC nach 3000 P/E Cycles erreicht, bei SLC erst nach 100 000 P/E Cycles. Zusätzlich negativ auf die Retention wirken sich extreme Temperaturen aus. Auch hier sind MLC NAND wesentlich empfindlicher als SLC NAND. So werden NAND-Flash- Speicher für die Industrie tauglich gemacht Mittels ausgeklügelter Controller und Firmware gelingt es den Herstellern von Flash-Speichern, die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der Speicher positiv zu beeinflussen. Die technologiebedingten Nachteile, beschränkte P/E Cycles und die Verblassung der gespeicherten Daten, werden durch clevere Controller-Funktionen wesentlich entschärft. Dadurch werden NAND basierte Speicher für viele Industrieanwendungen tauglich gemacht. Nachfolgend werden die wichtigsten Funktionen erklärt. Garbage Collcection Mittels Error Correction Code werden Bit-Fehler korrigiert. Anschließend wird der Block bei dem der Fehler aufgetreten ist, kopiert und danach gelöscht. Die Garbage Collcection (Müllsammlung) hat die Aufgabe, freie Blöcke zu generieren. Dazu ist es notwendig, noch nicht vollständig leere Blöcke auf dem Flash-Speicher zu überprüfen und gegebenenfalls durch Umverteilen der Daten frei zu machen, damit diese gelöscht und anschließend wieder beschrieben werden können. Dieser Vorgang ist wichtig für die Leistung des Flash-Speichers, da beim Löschvorgang im Dateisystem Dateien nur für ungültig erklärt, jedoch nicht physikalisch gelöscht werden. Die eigentlichen Daten bleiben in der Speicherzelle erhalten. Die Garbage Collection räumt sozusagen auf. Dieser Vorgang läuft meist im Hintergrund ab, um Auswirkungen auf die Speichergeschwindigkeit gering zu halten. Wear Leveling Eine weitere wichtige Funktion ist da Wear Leveling. Es sorgt dafür, dass Flash-Zellen gleichmäßig abgenutzt werden, indem Schreibzugriffe gleichmäßig auf die Flash-Zellen verteilt werden. Weil bereits die Abnutzung einzelner Flash-Zellen zu Datenfehlern führen kann, beeinflusst Wear Levling die Lebensdauer eines Speichers maßgeblich. Hersteller von industriellen Flash-Speichern integrieren in ihren Flash-Controllern eine Kombination aus statischem und dynamischem Wear Leveling. Das heißt, dass einerseits Schreibzugriffe auf die am wenigsten abgenutzten Zellen verteilt werden. Andererseits sorgt das Wear Leveling dafür, das statische Daten, die nicht oder selten geändert werden, von Zeit zu Zeit verschoben werden. Dadurch wird sichergestellt, dass sämtliche Flash-Zellen am Wear Leveling teilnehmen, was die Retention stark verbessert. Von Write Abort spricht man, wenn während eines Schreibvorgangs die Stromzufuhr unterbrochen wird, beispielsweise wegen eines Stromausfalls. Wird die Stromzufuhr nicht mittels einer Batterie oder eines Supercap überbrückt, gehen die Daten, die gerade geschrieben werden, verloren. Wichtig ist allerdings, dass die Firmware und die Metadaten des Flash-Speichers durch solche Zwischenfälle nicht beschädigt werden. Daher haben industrielle Flash-Speicher in der Regel eine Sicherheitsschaltung integriert, welche Firmware und Bild 3: pSLC-Speicher basieren zwar auf MLC-NAND, speichern allerdings nur ein Bit pro Zelle (wie ein SLC-NAND) PC & Industrie 4/2019 57

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