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1-2018

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Elektroinstallation

Elektroinstallation Leitungen verlegen und Schaltschränke installieren – aber EMV-gerecht! Seit 20.4.2016 ist die Richtlinie 2014/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit bei Betriebsmitteln anzuwenden. Diese „EMV-Richtlinie“ schreibt vor, wie die EMV von elektrisch betriebenen Geräten im Europäischen Binnenmarkt beschaffen sein soll. Sie gilt für fast alle Geräte oder ortsfeste Anlagen, die für Endnutzer bestimmt sind und elektromagnetische Störungen verursachen oder im Betrieb durch elektromagnetische Störungen beeinträchtigt werden können. Die Richtlinie nennt hierzu jedoch keine Grenzwerte, sondern verlangt nur, dass die von einem Betriebsmittel verursachten elektromagnetischen Störungen keinen Pegel erreichen dürfen, bei dem ein bestimmungsgemäßer Betrieb von Funk- und Telekommunikationsgeräten oder von anderen Betriebsmitteln nicht möglich ist. Die Einhaltung der EMV-Richtlinie kann durch die Anwendung entsprechender EMV-Normen nachgewiesen werden, wobei Produktnormen Vorrang vor Fachgrundnormen haben. Für lediglich Komponenten eines Gesamtsystems entfällt seitens des Herstellers die Kennzeichnungspflicht. Er ist jedoch verpflichtet, über die elektromagnetischen Eigenschaften, die Verwendung und die Installation seiner Produkte hinreichend zu informieren. Dies gilt beispielsweise für Schaltschrankbauer. Damit schaffen diese die Grundlage dafür, dass die Gesamtanlage die EMV-Richtlinie optimal erfüllt. Die Verantwortung dafür liegt letztendlich beim Installateur. Drei physikalische Kopplungsmöglichkeiten Galvanische Kopplungen - etwa zwischen einem PE/PA-System und einem elektronischen System - erfolgen meist über die Schirme von Netzwerkverbindungen. Der Schirm des Netzwerkkabels ist dabei über die Netzwerkbuchse auch mit der Masse z.B. eines Rechner-Motherboards verbunden. Wichtig ist die sich hier ergebene Induktivität. Deren Blindwiderstand wächst mit der Frequenz. Somit können besonders steile Störimpulse, wie sie z.B. durch Schalthandlungen entstehen oder von Aufzügen oder Klimasystemen verursacht werden, den Rechner stören. Wichtig: Galvanische Kopplungen kann man relativ leicht messen und somit auch lokalisieren. Sie lassen sich durch eine sternförmige Architektur der Leitungen minimieren. Induktive Kopplungen sind wesentlich tückischer, weil sich ein Magnetfeld nicht mit einfachen Materialien abschirmen lässt. Daher können sie zu messtechnisch schwer nachzuweisenden Effekten führen. Gegen kapazitive Kopplungen hilft eine einseitig geerdete metallische Abschirmung. Hier erhält man bei geringer Dicke schon eine gute Abschirmwirkung. Fällt die Erdung weg, „schwimmt“ die Abschirmung und wirkt nur noch leicht magnetisch, ist also praktisch wirkungslos. Die Erdung sollte nur an einem Punkt erfolgen, da Mehrfacherdung auch immer galvanische Verkopplungen provoziert. Dient der Schirm als Gegenpol für ein Signal, ist das natürlich nicht möglich. Die beim Blitzschutz vorgeschriebene mehrfache Erdung langer geschirmter Leitungen ist meist eben nur aus Blitzschutzgründen richtig. Wie hält man leitungsgebundene Störemissionen gering? Schirmung, Filterung und optimale Leitungsführung sind die Rezepte für eine gute EMV. Beispielsweise in ungeschirmten Motorleitungen kann ein Störstrom undefiniert über Kabelpritschen, das Erdungssystem sowie die Netzimpedanz zurück zum Wechselrichter fließen. Dabei sind recht hohe Störspannungen möglich. Hier lässt sich die Störbeeinflussung von Erdungssystem und Netz wirkungsvoll durch eine Schirmung der Leitung verringern. Netz- bzw. EMV-Filter (sogenannte Funk-Entstörfilter) gemäß Kategorie C3 der EMV-Produktnorm EN 61800-3 helfen, das Problem weiter zu entschärfen. Die Situation ist jetzt so, dass der überwiegende Teil des Störstroms über den Schirm der Motorleitung, die PEbzw. EMV-Schirmschiene und das Funk-Entstörfilter fließt. „Damit die beabsichtigte Störreduktion erzielt wird, muss die Installation sicherstellen, dass der Störstrom auf seinem Weg vom Schirm der Motorleitung über die PE- bzw. die EMV-Schirmschiene des Umrichterschranks und das Netzfilter einen durchgehenden niederinduktiven Pfad zurück zum Wechselrichter findet, der durch keine Schwachstellen hoher Impedanz unterbrochen ist. Die Einhaltung der EMV-Produktnorm EN 61800-3 erfordert deshalb als Verbindungsleitung zwischen Umrichter und Motor zwingend eine geschirmte Leitung.“ [1] Ein Beispiel bringt Bild 1. Es zeigt die geschirmte Leitung Festo NEBM-T1G7-E-1-N-LE7. Zur Vermeidung galvanischer Kopplung ist ein niederinduktiver Schirmanschluss erforderlich. Dieser gelingt z.B. gut, wenn man den Schirm am Klem- Bild 1: Eine geschirmte Drehstromleitung mit PE-Leiter (Quelle: [1]) 12 Haus + Elektronik 1/2018

Elektroinstallation menkasten des Motors mit EMV-Verschraubungen großflächig kontaktiert (PG-Verschraubung). Bild 2 skizziert hingegen die Schirmkontaktierung in einem Schaltschrank an der EMV- Schirmschiene mit einer EMV-Schirmschelle. Die metallische Konstruktion von Schaltschränken bietet viele Möglichkeiten der Schirmkontaktierung, gerade darum will sie hier wohlüberlegt sein. Man denke immer an ohmschen Widerstand und Induktivität der gewählten Ableitwege. Nach [1] müssen die Gehäuse der Umrichter, welche das standardmäßige Netzfilter für die Kategorie C3 enthalten, innerhalb der Schrankgeräte möglichst niederinduktiv mit der PE-Schiene und der EMV-Schirmschiene verbunden sein. Dies ist großflächig über die metallische Konstruktion der Schrankgeräte möglich. Stets ist darauf zu achten, dass die Kontaktflächen metallisch blank sein und einen Mindestquerschnitt von mehreren Quadratzentimetern je Kontaktstelle aufweisen müssen. Bild 3 zeigt beispielhaft eine Erdung mit Kupferflachband auf einer Grundplatte. Gut konstruierte geschlossene Schaltschränke wirken wie ein Faraday´scher Käfig, schirmen nicht nur nach außen ab, sondern halten Störemissionen auch im Inneren. Um diese Wirkung zu unterstützen, kann man einzelne Schaltschrankteile durch breite, hochfrequenztaugliche Erdungsbänder verbinden. Etwa verbindet man so Türen, Seitenbleche, Rückwände, Dach- und Bodenbleche mit dem Schrankrahmen. Durch dieses Sternsystem bleiben galvanische Koppelwege minimal. Bild 4 gibt einen Tipp zur richtigen Anwendung der Erdungsbänder. Leitungen aus EMV-Sicht Die Art und Weise der Leitungsführung trägt einen wesentlichen Teil zur EMV einer Anlage bei. Für eine transparente Herangehensweise sollte man Leitungen in die folgenden Gruppen einstufen: • sehr störempfindlich Hierzu gehören Leitungen für analoge Signale und Messleitungen (Sensoren). • störempfindlich Bild 3: Erdung mit Kupferflachband auf Grundplatte (Quelle: [1]) Bild 2: Schirmkontaktierung in einem Schaltschrank an der EMV-Schirmschiene mit EMV- Schirmschelle (Quelle: [1]) Hierzu gehören Leitungen für digitale Signale, abgeschirmte oder verdrillte Sensorkabel sowie Leitungen für 24-V-Schaltsignale, aber auch für Kommunikationssignale (z.B. KNX oder Feldbusse) • leicht störend Hierzu gehören Leitungen, die eine Störquelle geringer Intensität darstellen, wie Steuerkabel für induktive Lasten, ungeschaltete Leistungskabel, Leitungen für Motorbremsen oder Schütze. • stark störend Hierzu gehören beispielsweise Ausgangskabel von Frequenzumrichtern, Versorgungskabel von Schweißanlagen und geschaltete Leistungskabel In [2] finden sich u.a. folgende Check- Punkte, die recht gut zu dieser Einteilung passen: • Störbehaftete und empfindliche Leitungen richtig eingruppiert? • ... und nie im gleichen Kabelbaum geführt? • Abstand zwischen störenden und empfindlichen Leitungen >10 cm? • Kreuzen sich störbehaftete und empfindliche Leitungen rechtwinklig? • Störbehaftete Leitungen geschirmt? • Metallene Kabelkanäle mit Trennstegen verwendet? • Metallene Kabelkanäle vollflächig untereinander und mit Funktionserde verbunden? • Ungeschirmte Leitungen in den Ecken metallischer Kabelkanäle geführt? • Hin- und Rückleiter auf der gesamten Länge gemeinsam geführt? • Bei Kunststoffgehäusen Schirm nahe am Gehäuse auf Funktionserde gelegt? • Keine Reserveschleifen verlegt („Angst-Schlaufen“)? Zur Funktionserdung Funktionserde ist nicht gleich Schutzerde nach VDE 0100! EMV-Erdverbinder dienen nur sekundär dem Schutz vor gefährlichen Berührungsspannungen. Sie müssen nicht isoliert oder lackiert und fettfrei sein. Je kürzer sie sind und je größer ihr Querschnitt ist, umso besser. Hier die Checkliste aus [2]: • VDE 0100 eingehalten? • Kontaktstellen blank und fettfrei? • Alle Anlagenteile mit derselben Erdung verbunden? • Können HF-Ausgleichsströme über Konstruktionsteile niederohmig genug zurückfließen? • Ausgleichströme über Abschirmungen vermieden? • Metallische Kabelkanäle und Anlagenteile mit in die Erdung einbezogen? • Alle elektrischen Komponenten getrennt (sternförmig) auf den Potentialausgleich geführt? Bild 5 gibt Hinweise zum Einbeziehen metallischer Kabelkanäle ins Erdnetz. Haus + Elektronik 1/2018 13

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