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1-2021

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Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement

Produktion

Produktion Materialangriff durch Desinfektionsmittel Wie beständig ist mein Medizinprodukt wirklich? Bild 1: Ursachen für frühzeitige Alterung bei Polymeren Autor: Jana Viehbeck, M. Sc. bei senetics healthcare group www.senetics.de Um ein langlebiges Medizinprodukt auf den Markt bringen zu können, sollte ein beständiges Material eine Grundvoraussetzung darstellen, denn gerade im medizinischen Bereich wird ständig mit Desinfektionsmitteln gearbeitet. Die Materialbeständigkeit muss während des gesamten Produktlebenszyklus gewährleistet sein und dient insbesondere zur Risikominimierung gemäß DIN EN ISO 14971. Um also im medizinischen Bereich Werkstoffe einsetzen zu können, ist der Nachweis der Beständigkeit gegen regelmäßige Reinigungs-, Desinfektions- und Sterilisationsprozesse zwangsläufig unabdingbar. Dies garantiert ein hohes Maß an Qualität und Hygiene, was sowohl dem Patienten, als auch dem Personal zu Gute kommt. Besonders bei einer langjährigen Nutzung eines medizinischen Werkstoffes können aufgrund fortwährender Tauch- und Wischdesinfektionen sämtliche chemische und physikalische Belastungen auf die Produktoberfläche einwirken, denen Stand gehalten werden muss. Auswirkung durch Desinfektionsmittel In Deutschland gibt es eine Vielzahl an Desinfektionsmitteln. Auf dem internationalen Markt wird diese bereits große Anzahl an Desinfektionsmitteln entsprechend umfangreicher. Viele der national erhältlichen Desinfektionsmittel basieren auf Alkohol. Da jedoch nicht jedes Material beständig gegen Alkohole ist, gibt es auch diverse Mittel auf Chlor- oder Aldehydbasis. Je nach Material können die Auswirkungen eines inkompatiblen Desinfektionsmittels unterschiedliche Veränderungen hervorrufen. Diese Änderungen können diverse Schweregrade annehmen. Von äußerlichen Glanzänderungen der Oberfläche, bis hin zu schweren Schäden durch beispielsweise das Ablösen einer Beschichtung gibt es verschiedenste Resultate. Diese können sowohl auf chemische, als auch auf physikalische Weise hervorgerufen werden. Durch Einwirken von Desinfektionsmittel können vor allem Kunststoffe in Mitleidenschaft gezogen werden. Dabei kann das Material beispielsweise künstliche Alterung erfahren und brüchig werden. Bei Metallen besteht die Gefahr von Korrosion. Diese Gefahren werden jedoch im Folgenden genauer erläutert. Risiken bei Verwendung von Polymeren Kunststoffe sind durch ihre Bauweise besonders anfällig für frühzeitige Alterungsvorgänge. Diese können beispielweise durch Strahlung, chemische Belastung oder Temperatureinflüsse hervorgerufen werden (Bild 1): Die stetige Desinfektion im medizinischen Bereich ist eine kontinuierliche chemische Belastung des Materials, welches grundsätzlich die Zusammensetzung oder Molekülstruktur eines Polymers verändert. Dadurch kann es zu schwerwiegenden Schäden wie beispielsweise zur Oxidation, Hydrolyse, Quellung und Spannungsrissbildung kommen. Diese Änderungen sind nicht nur optisch wenig ansprechend, sondern auch ein immenses Risiko für den Patienten oder Anwender. Risiken bei Verwendung von Metallen und Metalllegierungen Durch Anwendung eines inkompatiblen Desinfektionsmittels besteht bei Metallen und Metalllegierungen das Risiko der Korrosionsbildung. Diese kann sowohl äußerlich sein und sich durch einen Bild 2: Verschiedene Arten von Korrosion, welche durch das Design des Produkts in Kombination mit einer chemischen Dauerbelastung hervorgerufen werden können. 16 meditronic-journal 1/2021

Produktion Bild 3: Simulation einer mehrjährigen Behandlung mit Desinfektionsmittel führte zur Lösung der Beschichtung (Quelle: senetics) hohen Flächenanteil auszeichnen, aber auch in die Tiefe gehen und im Material inneren immense Schäden verursachen. Dabei handelt es sich meist um eine unerwünschte Reaktion, wodurch unterschiedliche Arten von Korrosion entstehen können (Bild 2): Schäden an Medizinprodukten aufgrund von Korrosion äußern sich beispielsweise in Form von: • Rost • Bildung von Löchern • Beschädigung von Schweißnähten Folgen durch die Anwendung inkompatibler Desinfektionsmittel Durch stetige chemische und physikalische Belastungen, die auf ein Bild 4a: Zange vor der Desinfektion, Bild 4b: Mikroskopische Aufnahme zur Bewertung von Beschichtungsschäden nach einer simulierten Tauchdesinfektion Material einwirken, können Schäden hervorgerufen werden, welche schwerwiegende Folgen für Patient und Anwender darstellen können. Wie bereits beschrieben, besteht insbesondere bei Kunststoffen die Gefahr einer beschleunigten Alterung sowie der Einlagerung von Wasser. Diese Materialveränderung führt dazu, dass das Produkt schon frühzeitig nicht mehr für den angegebenen Zweck nutzbar ist. Durch Wassereinlagerungen und Alterung des Materials wird dieses spröde und kann um schlimmsten Fall im Patienten kaputt gehen. Speziell bei Beschichtungen besteht bei stetiger physikalischer Krafteinwirkung die Gefahr einer Ablösung. Bei Beschichtungen, die gegen Desinfektionsmittel nicht Bild 5: Chemische Dauerbelastung durch Testung der Desinfektionsmittelbeständigkeit via Tauchdesinfektion (Quelle: senetics) beständig sind, kann das beschichtete Material durch einen Wischvorgang leicht abgetragen werden. Dies hat zur Folge, dass das Basismaterial zum Vorschein kommt und der Schutz nicht mehr gegeben ist. In diesem Fall können sich Stoffe herauslösen, welche für Patient oder Anwender toxisch sein können. In Bild 3 ist eine chemisch-physikalische Krafteinwirkung durch eine mehrjährig simulierte Wischdesinfektion gezeigt. Ein Materialangriff bei Metallen äußert sich meist in Form einer frühzeitigen Korrosion. In Bild 4 ist ein Operationsbesteck gezeigt, welches mittels eines inkompatiblen Desinfektionsmittels in einer Tauchdesinfektion (Bild 4b) desinfiziert wurde. Speziell bei der Verwendung von Operationsbesteck ist darauf zu achten, dass die Produkte keine Korrosionserscheinungen aufweisen, denn diese Materialien haben direkten Kontakt mit dem Körperinneren. Im Falle einer Verwendung kann sich das korrodierte Material ablösen und die Operationswunde kontaminieren. Dies kann im schlimmsten Fall zu starken Entzündungen führen. Materialtestung zur Vorbeugung von unerwünschten Reaktionen durch Desinfektionsmittel Um den Folgen des Materialangriffs durch Desinfektionsmittel präventiv entgegenzuwirken, gibt es mehrere Ansätze zur Analyse der Materialbeständigkeit. Dabei muss nach Material und Anwendungsbereich entschieden werden. Beispielsweise gibt es Medizinprodukte, welche laut Herstel- meditronic-journal 1/2021 17

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