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3-2016

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Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement

Dienstleister

Dienstleister Schwachstellen früh aufdecken Unterstützende Test- und Analytikdienstleistungen zur Qualifikation medizintechnischer Geräte Bild 1: Schritte zur Qualitätsverbesserung und Beschleunigung der Qualifizierung und Freigabe medizintechnischer Produkte durch externe Partner Autor: Dipl.-Ing. Thomas Kuhn, Assistent der Geschäftsleitung, HTV Halbleiter-Test & Vertriebs-GmbH Medizintechnische Geräte weisen zunehmend komplexere elektronische Bauteile und Baugruppen auf, deren vollständige Testabdeckung aufwändig und zeitintensiv ist. Je später ein Fehler oder eine Schwachstelle in einem Produkt erkannt wird, desto höher sind Kosten und Aufwand für deren Beseitigung. Anliegen jedes Herstellers sollte deshalb sein, Fehler und Schwachstellen in seinen elektrischen Bauteilen, Schaltungen, Baugruppen und Geräten frühestmöglich aufzudecken. Der folgende Artikel veranschaulicht durch Beispiele aus der Praxis, wie Test- und Analytikdienstleistungen externer Partner zum Aufdecken von Schwachstellen und zu einer beschleunigten Qualifizierung und Freigabe medizintechnischer Produkte beitragen können (Bild 1). Schaltungs- und Baugruppenentwicklung Der erste Ansatzpunkt zur Optimierung in der Geräteentwicklung oder -verbesserung ist die Analyse der elektrischen Schaltpläne der einzelnen elektronischen Baugruppen. Wird dieser Schaltplan nicht nur durch den Geräteentwickler intern, sondern zusätzlich auch bei einem unabhängigen Partner extern geprüft, können Fehler im Design und in der Auslegung der elektrischen Bauteile bereits in dieser frühen Phase der Geräteentwicklung ohne größeren Aufwand erkannt und eliminiert werden. Bei der Prüfung der Schaltungsunterlagen wird beispielsweise die elektrische Leistung ermittelt, die in einem elektrischen Bauteil bei bestimmten Schaltungszuständen umgesetzt wird und Abschätzungen zur Erwärmung der Bauteile bzw. der gesamten Baugruppe getroffen, die später mittels Thermografie gemessen wird (Bild 2). Zusätzlich können auch Problemlösungen, z. B. zur Einspeisung und Auswertung elektronischer Signale, schneller gefunden werden. IPC-A-600 Richtlinie Nachdem die Leiterplatten zu einer elektrischen Schaltung gefertigt sind, ist es möglich, diese anschließend nach den Vorgaben der IPC-A-600 Richtlinie und, nach anschließendem Lötprozess, als Baugruppe nach der IPC-A-610 Richtlinie zu bewerten. Mithilfe dieser Richtlinien ist es möglich die Qualität der Rohleiterplatten und Baugruppen zu bewerten und Fehler im Herstellungsprozess der Leiterplatte und dem späteren Bestückungs- und Lötprozess aufzudecken. In einigen Fällen ermöglicht die zusätzliche Anfertigung von Schliffbildern einzelner Stellen innerhalb der Leiterplatte und Baugruppe beispielsweise die Bewertung der Beschaffenheit der Durchkontaktierungen und der Qualität der Lötstellen (Bild 3). RoHS-Konformität Die Analyse von Lötzinn oder Lötoberflächen ist aktuell besonders unter dem Aspekt der RoHS- 20 meditronic-journal 3/2016

Dienstleister Bild 2: Thermographische Untersuchung einer Leiterplatte im Betrieb meditronic-journal 3/2016 Konformität relevant. Seit dem 22. Juli 2014 fordert die RoHS- Richtlinie auch für medizintechnische Produkte den Umstieg auf bleifreie Lote. Für die elektronischen Bauteile bedeutet das in der Regel eine um durchschnittlich 30 °C erhöhte maximale Löttemperatur im bleifreien Lötprozess. Die daraus resultierenden Auswirkungen der geänderten Parameter im Lötprozess auf die elektronischen Bauteile und Baugruppen wird aktuell noch erforscht. Auf Herstellerwunsch können hierzu Bewertungen des Lötprozesses mithilfe der Metallografischen-Feingefüge-Präparation HTV-MetaFinePrep durchgeführt werden. Diese ermöglicht die qualitative und quantitative Untersuchung des metallischen Feingefüges, wie z. B. von Lötstellen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Untersuchungsmethoden werden hier zusätzlich detaillierte Erkenntnisse zur inneren Struktur der eingesetzten Materialien gewonnen. Daraus ergeben sich Rückschlüsse auf Härte, Zähigkeit, Sprödigkeit, Lötbarkeit und die chemische Struktur des Feingefügeaufbaus sowie auf Fehlstellen im Bereich des intermetallischen Phasenübergangs (Schwächung der Haftung von Lötstellen). In Kombination mit Untersuchungen im Raster-Elektronen- Mikroskop (REM) können metallische Werkstoffe umfassend beurteilt werden, um Feingefügestrukturen und Phasenübergänge für die Qualität und Zuverlässigkeit kompetent bewerten zu können. Mittels Röntgenfluoreszenz- Analyse (RFA) ist eine Untersuch der kompletten Leiterplatte hinsichtlich der Konformität zur RoHS-Richtlinie möglich. Vorserienanalysen und -tests Ist das Gerät fertig entwickelt sollte eine Untersuchung der Langzeitzuverlässigkeit erfolgen, um spätere Feld-Rückrufe aufgrund erhöhter Ausfallrate nach einer gewissen Betriebszeit zu vermeiden. Dies kann z. B. durch einen sogenannten Burn-In mit beschleunigten Alterungsbedingungen erreicht werden. Um statistisch relevante Daten zu erhalten, müssen dazu mehrere Geräte gleichzeitig betrieben werden. Oft ist es auch sinnvoll, besonders kritische Schaltungsteile auf einer separaten Leiterplatte isoliert aufzubauen und deren elektrische, optische und thermische Parameter bei einer bestimmten Umgebungsbedingung (Temperatur, Feuchte) während des Burn-Ins zu überwachen. Tritt eine Fehlfunktion nur bei einem bestimmten Betriebszustand auf, wird genau dieser Zustand nachgebildet und gesondert im Burn-In untersucht. Oft können durch anschließende kleine Anpassungen in der Bauteilauswahl lokale Überhitzungen von Bauteilen ausgeschlossen werden. Freigabe und Qualifikation Externe begleitende Produkttests medizintechnischer Geräte z. B. gemäß der DIN EN 60601 durch einen unabhängigen Partner tragen in der Regel zu einer Beschleunigung der Freigabe und Qualifikation bei. Serienbetrieb Trotz aller Qualitätssicherungsmaßnahmen bei Entwicklung und Freigabe medizintechnischer Geräte kommt es dennoch in sehr seltenen Fällen vereinzelt zu Problemen im Serienbetrieb. Elektronische Bauteile unterliegen immer gewissen Fertigungstoleranzen, die auch in den Datenblättern des Halbleiterherstellers angegeben sind. Bei Transistoren weist der Wert der Stromverstärkung zum Teil einen Unterschied von 100% auf. Ganz ähnlich verhält es sich auch bei der Lichtleistung von LEDs, die sich zusätzlich im Laufe des Betriebs weiter reduziert. Um keine Anpassung der elektrischen Schaltung vornehmen zu müssen, kann es daher sinnvoll sein, eine Selektion der elektronischen Bauteile nach bestimmten Parametern vorzunehmen. Die Selektion lässt sich schnell in den Produktionsprozess integrieren, da nach dem Test nur Bauteile verbaut werden, die den neu festgelegten Anforderungen genügen. Hierdurch entfallen Kosten und Aufwand für eine erneute Freigabe einer Baugruppe aufgrund angepasster Bauteilauswahl. Bild 4 zeigt die Vermessung der dominanten Wellenlänge und der Lichtstärke einzelner LEDs in einem bestimmten Betriebszustand nach einem definierten Voralterungsprozess. Die Voralterung kann hierbei beispielsweise durch eine Temperaturbelastung erfolgen, die zu einer weitgehenden Stabilisierung der Datenblattwerte beiträgt. Die elektrischen und optischen Parameter werden in einem Betrieb mit beschleunigten Alterungsbedingungen (z. B. Temperatur und Versorgungsspannung) gemessen. Anschließend können die für den Kunden passenden LEDs anhand kundenspezifischer Grenzwerte selektiert werden. Länderspezifische Umgebungsbedingungen In der Praxis zeigt sich häufig auch, dass Baugruppen nicht ausreichend im Bezug auf die Umgebungsbedingungen in den unterschiedlichen Ländern geprüft sind. Hersteller stellen daher immer Bild 3: Schliffbild einer Rohleiterplatte. Die elektrische Durchkontaktierung in der Bildmitte zeigt verschiedene Auffälligkeiten und Deformationen, die gemäß der IPC-A-600 Richtlinie so nicht zulässig sind 21

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