Herzlich Willkommen beim beam-Verlag in Marburg, dem Fachverlag für anspruchsvolle Elektronik-Literatur.


Wir freuen uns, Sie auf unserem ePaper-Kiosk begrüßen zu können.

Aufrufe
vor 2 Jahren

3-2021

  • Text
  • Pc
  • Medizinelektronik
  • Medizintechnik
Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement

Stromversorgung Wissen,

Stromversorgung Wissen, worauf es ankommt: Wie wirken sich Netzteil-Features in der Praxis aus? Am Beispiel des Medizin-Netzteiles MPM-K450 zeigt dieser Beitrag auf, welche Besonderheiten Medizinnetzteile aufweisen und auf was ein Entwickler bei der Auswahl achten sollte. 1. Was braucht meine Anwendung - Schutzklasse I oder II? Der grundlegende Unterschied zwischen Schutzklasse (SK) I und II ist, trivial gesagt, der Schutzleiteranschluss. Während in Krankenhäusern oftmals medizinisch-elektrische Geräte (ME-Geräte) mit Schutzleiter (SK I) genutzt werden, ist dies für Medizingeräte, welche im häuslichen Umfeld eingesetzt werden, nicht möglich. Die Norm EN60601-1-11 regelt u. a., dass ME- Geräte im privaten Umfeld ohne Schutzerde in Schutzklasse II ausgeführt sein müssen. Dies hat für die Stromversorgung zwei maßgebliche Folgen: - Elektrische Sicherheit Ein Schutzklasse I Netzteil nutzt, wie bereits der Name Schutzerde ausdrückt, diese zum Schutz des Bedieners bzw. Patienten. In Schutzklasse II ist diese nicht vorhanden, was dazu führt, dass zusätzliche Isolation eingesetzt werden muss. - EMV Bei einem Schutzklasse I Netzteil besteht die Möglichkeit, Störungen bzw. Emissionen mittels Y-Kondensatoren gegen Schutzerde abzuführen, um die Emissionspegel zu verringern. Dies ist besonders bei Gleichtaktstörungen, also Störungen, die mit gleichem Pegel auf L und N anliegen, von Vorteil. Diese Möglichkeit bietet sich bei einem Schutzklasse II Netzteil nicht und muss z. B. durch zusätzliche stromkompensierte Drosseln ersetzt werden. Der Unterschied zwischen Schutzklasse I und II ist also nicht nur das fehlende grün/gelbe Kabel, sondern er ist konstruktiv im Aufbau des Netzteils begründet. Zudem werden in der Praxis Medizinprodukte in Schutzklasse II oft mit einem Kunststoffgehäuse hergestellt, um den Patienten/Bediener zusätzlich zu schützen. Dies hat für die Gesamtapplikation wiederum Nachteile in der abgestrahlten EMV-Emission und ebenso für eingestrahlte Störungen, wie z. B. H- oder E-Feld. Hier ist es von Vorteil, wenn bereits das Netzteil, wie L N PE Primärer Ableitstrom Limit 5mA NC/SFC für Berührstrom NC: geschlossen Anwendungsteil Autoren: Frank Cubasch, Geschäftsführer der Magic Power Technology GmbH und Heidrun Seelen, Vertriebsleitung. Magic Power Technology GmbH www.mgpower.de Impedanznetzwerk Bild 1: Netzteil SKI mit Berührstrom in NC-Bedingung PE Berührstrom Limit 0,1mA NC 0,5 mA SFC 44 meditronic-journal 3/2021

Stromversorgung L N PE Primärer Ableitstrom Limit 5mA NC/SFC für Berührstrom SFC: offen z. B. MPM-K450, „nackt“, also ohne Metallgehäuse und ohne weitere Filter elemente die Richtlinien einhält. Ein weiterer, indirekter Vorteil eines Schutzklasse II Netzteils drängt sich bei Schutzklasse I Anwendungen mit Metallgehäuse auf. Es betrifft den Berührungsstrom, früher besser verständlich auch Gehäuseableitstrom genannt. Dies ist der Strom, der über ein Impedanznetzwerk vom Gehäuse zur Erde fließt. Gemessen wird er in zwei Testbedingungen: • NC (Normalfall): Es liegt kein Fehler vor. Das Limit beträgt hier 100 µA. • SFC (1. Fehlerfall): In der Regel wird hier der Schutzleiter der Zuleitung aufgetrennt, bei einem Limit von 500 µA. Impedanznetzwerk Bild 2: Netzteil SKI mit Berührstrom SFC-Bedingung L N PE PE Primärer Ableitstrom Limit 5mA NC/SFC für Berührstrom SFC: offen Berührstrom Limit 0,1mA NC 0,5 mA SFC Anwendungsteil Im Zuge der dritten Edition wurde bei der EN/IEC 60601 die Höchstgrenze des primären Ableitstromes, also des Stromes im PE-Leiter, für nicht ortsfeste Anlagen von 500 µA (2nd edition) auf 5 mA erhöht. Was im ersten Schritt wie eine Erleichterung aussieht, kann unter bestimmten Umständen auch zu Problemen führen. Wird ein Schutzklasse I Netzteil in einem Metallgehäuse als Schutzklasse I Anwendung ausgeführt, so liegen die Y-Kondensatoren des Netzteils auch gegen das Gehäuse und PE. Nutzt man die Freiheiten der 3. Edition in Sachen primärer Ableitstrom aus, so wäre ein Wert bis zu 5 mA noch konform. Dabei stellt die Berührungsstrommessung unter NC-Bedingungen noch kein Problem dar, da die PE-Zuleitung sehr niederohmig ist und über die parallel liegende Mess-Nachbildung vom Gehäuse zum PE somit nahezu kein Strom fließt. Anders sieht es im SFC-Fall aus, wenn die PE-Zuleitung aufgetrennt wird. Dann fließt der komplette Y-Kondensatorstrom über die Nachbildung und sorgt dafür, dass die 500 µA SFC-Limit schnell gerissen werden können. Daraus folgt, dass ein Netzteil in Schutzklasse I Topologie die 500 µA Primärableitstrom nicht überschreiten sollte. Ein zusätzlicher Eingangsfilter mit Y-Kondensatoren oder gar mehrere Netzteile erhöhen die Problematik dabei noch, da auch diese Y-Kondensatoren zusätzlich parallel liegen. Hier ist ein Schutzklasse II Netzteil von Vorteil, da mangels PE- Anschluss (nur des Netzteils, die Applikation hat selbstverständlich einen PE-Anschluss) keine Y-Kondensatoren durch das Netzteil vorhanden sind und folglich darüber auch kein nennenswerter Berührungsstrom entstehen kann (siehe Bild 1 bis 3). Die MPM-K450 Baureihe ist als SK II Netzteil ausgelegt und kann wahlweise in SK II und SK I Anwendungen im Leistungsbereich bis zu Impedanznetzwerk Bild 3: Netzteil SKII in SKI Anwendung Berührstrom SFC-Bedingung PE Berührstrom Limit 0,1mA NC 0,5 mA SFC 450 W (peak 10 sec 600 W) eingesetzt werden. Es erfüllt die Anforderungen der EN/CB/UL60601 für Sicherheit und EMV (60601-1-2) für Anwendungen mit Anwendungsteilen der Klassen B und BF. Wer soll geschützt werden? - MOOP oder MOPP In Bezug auf die Zulassungen ist zu entscheiden, ob das Netzteil als Last eine MOOP (means of operator protection) oder MOPP (means of patient protection) Anwendung treibt. Während bei einer MOOP- Applikation unter bestimmten Umständen auch ein EN62368 Netzteil (IT-Technik) verwendet werden kann, ist für eine MOPP- Anwendung zwingend ein Netzteil nach EN60601 einzusetzen. Hierbei ist neben der Isolationsspannung und dem Aufbau auch der ausgangsseitige Ableitstrom zu berücksichtigen. Je nach Anwendungsteil BF oder CF ist dieser entsprechend limitiert. Das MPM-K450 erfüllt dabei die Anforderungen an BF mit max. 100 µA. Welche Leistung benötigt meine Anwendung? – verschiedene Sichtweisen Nominal- oder Spitzenleistung – was ist das wichtigere Kriterium? Natürlich wird der Entwickler seine Auswahl zuerst auf Basis der Nominalleistung treffen. Daneben Anwendungsteil meditronic-journal 3/2021 45

hf-praxis

PC & Industrie

© beam-Verlag Dipl.-Ing. Reinhard Birchel