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4-2017

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Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement

Aus Forschung und

Aus Forschung und Technik Der Operationssaal OP 4.0 Für mehr Sicherheit und Effizienz durch offene Vernetzung in Operationssälen und Kliniken der Zukunft Im Gesundheitswesen findet seit geraumer Zeit ein Paradigmenwechsel statt - weg von Insellösungen hin zu standardisierten, offen vernetzten Lösungen. So sind Integration und Vernetzung im Bereich der medizinischen IT und dem Operationssaal bereits seit Jahren ein großes Thema. Stand heute sind nur herstellerspezifische, proprietäre Integrationslösungen verfügbar. Das BMBF- Leuchtturmprojekt OR.NET hat die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen für eine herstellerunabhängige Interoperabilität von vernetzten Medizingeräten gelegt. Im Operationssaal kennen die meisten Akteure (Betreiber, Operateure und Pflegepersonal) die Probleme der fehlenden oder unzureichenden Integration und offenen Standards. Die Akteure im OP-Saal sind umgeben von einer Flut an hoch spezialisierter Technik. Die Geräte stammen alle von unterschiedlichen Herstellern und jedes Gerät folgt dabei seiner eigenen Bedienlogik. Der Chirurg trägt die Verantwortung im Saal und muss somit alle Geräte und deren Parametereinstellung in direkter Kontrolle behalten und während der Operation ggfs. deren Einstellungen ändern. Der Operateur möchte gerne selbst Werte an einem Gerät justieren, kann dies aber oftmals nicht, da das Gerät mehr als eine Armlänge von ihm entfernt steht und nur unsteril zu bedienen ist. Also bittet er die OP-Pflege um Hilfe und erklärt an welchem Gerät welcher Parameter einzustellen ist. Die Kontrolle, ob der Wert richtig eingestellt ist, hat er meist auch nicht, da baulich bedingt viele Geräte in seinem Rücken im unsterilen Bereich stehen. Eine missliche Situation. Fehlbedienungen der spezialisierten Gerätetechnik führen für den Patienten aber auch für ihn persönlich oder das OP- Team potentiell zu Gefährdungen. Beispielsweise bei der Verstellung des OP-Tisches fällt es auf, dass oftmals die Anweisung des Autoren: Frank Beger, Armin Janß, Martin Kasparick und Andreas Besting Funktionsgruppenansicht Anästhesie-Arbeitsplatz 20 meditronic-journal 4/2017

Aus Forschung und Technik Operateurs in umgekehrter Richtung erfolgt statt „Fuß-tief“ wird meistens zuerst „Kopf-tief“ verfahren. Dies bleibt in den meisten Fällen ohne Folgen, stört den Ablauf im OP dennoch erheblich und fördert den Wunsch beim Operateur, doch wirkliche Kontrolle über sein Equipment zu erlangen. Mit OR.NET und den entsprechenden Standards wird dieser Wunsch endlich Realität. Die richtigen Informationen und Steuerfunktionalitäten am benötigten Ort zur richtigen Zeit. Dies gibt es bereits von einigen Herstellern. Im Unterschied zum offenen OR.NET-Standard ist man bei diesen geschlossenen Systemen auf die vom Hersteller zugelassenen Geräte angewiesen und für den Gerätepark an den Hersteller gebunden. Nun können künftig nicht nur die passenden, sondern die am Markt besten Geräte einfach integriert werden. Zudem sind mit dem OR.NET-Standard skalierbare Lösungen möglich, von minimal zwei Geräten bis hin zu deutlich mehr als 10 Geräten, die sich problemlos zentral steuern und kontrollieren lassen. (Siehe Bild OR.NET-Übersicht). meditronic-journal 4/2017 Standardisierung Flexible Bedienung Bedient werden kann sowohl am Wandmonitor, am sterilen Touch- Display oder auf einem Tablet mit sterilem Überzug. Somit schafft man zentrale Arbeitsplätze, die dem Operateur und seinem Team die Steuerung aller Geräte ermöglichen und den Workflow vereinfachen und beschleunigen. Gebündelte Informationen über den Gesundheitszustand OR.NET-Übersicht Herstellerunabhängige Interoperabilität setzt eine Standardisierung der Kommunikationsmechanismen voraus. Im Zuge des OR.NET-Projekts wurde das neue IEEE 11073-10207 Domänen-Informations- und Service-Modell spezifiziert. Es definiert die Selbstbeschreibung der Geräteeigenschaften und des Gerätezustands. Weiterhin wird beschrieben, welche Interaktionsmöglichkeiten (Services) bereitgestellt werden können um die Interaktion zwischen Medizingeräten zu ermöglichen. Das sogenannten Medical Devices Communication Profile for Web Services (kurz MDPWS, IEEE 11072-20702) standardisiert die sichere Datenübertragung zwischen Medizingeräten. Neben dem Austausch von Daten werden weitere Aspekte spezifiziert, wie beispielsweise das dynamischen Finden von Geräten zur Laufzeit, Sicherheitsmechanismen (Safety) mittels Zweikanaligkeit oder Einbettung von Kontextinformationen, Datensicherheit (Security) durch Verschlüsselung, Autorisierung und Authentifizierung, Übertragung von Datenströmen (z. B. für EKG) oder die effiziente Datenübertragung durch Komprimierung. Die sogenannte IEEE 11073 SDC Standardfamilie wird durch den dritten Standard IEEE 11073-20701 vervollständigt. Diese beschreibt das Gesamtsystem von dezentral vernetzten Medizingeräten auf der Basis der Service-Orientierten Architektur (SOA) und nimmt eine Bindung zwischen den beiden zuvor beschriebenen Standards vor. IEEE 11073-20702 ist bereits ratifiziert und veröffentlicht. Der Prozess für das Domänen- Informations- und Service-Modell (IEEE 11073- 10207) steht kurz vor dem Abschluss. Die Beendigung der Standardisierungsaktivitäten wird für Ende 2018 angestrebt. des Patienten stehen in Echtzeit immer zur Verfügung. Die Bedienung aller Medizingeräte erfolgt z. B. über ein Touchscreen, per Gestensteuerung oder mittels Sprachsteuerung. Der Operateur und sein Team müssen die unterschiedlichsten Gerätetypen kombiniert einsetzen und entsprechend sicher und schnell bedienen können – ohne lange Lernkurve. Das User-Interface ermöglicht eine einfache und intuitive Bedienung und passt sich auf allen Display- Größen an. Der Chirurg und der Anästhesist kann sich seine für ihn wichtigen Funktionen individuell und geräteübergreifend zusammenstellen und diese Zusammenstellung als Funktionsgruppenansicht abspeichern. (Bild Funktionsgruppenansicht) Am Tablet können zukünftig mittels Gestensteuerung zum Beispiel schnelle Wechsel zwischen den Einzelgeräte-Ansichten und individuellen Ansichten stattfinden. Neben der Geräteansicht lassen sich zu jeder Zeit alle patientenrelevanten Daten im OP-Feld aufrufen oder auf die Wandmonitore übertragen. Bedingt durch die Interoperabilität im Rahmen des OR.NET-Standards lassen sich zum Beispiel am OP-Mikroskop die präoperativen Bilder auf dem Wanddisplay aufrufen und steuern. Weitere HMI- Schnittstellen Im Rahmen der zukünftigen offenen Vernetzung werden zudem weitere neuartige Mensch-Maschine-Schnittstellen für einen effektiveren und effizienteren Workflow sorgen. Ein Universalfußschalter ermöglicht in Zukunft z. B. das Auslösen verschiedener Gerätefunktionen unterschiedlicher Herstel­ 21

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