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6-2013

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Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik

Kommunikation

Kommunikation Kommunikation in der Automation – Upgrade auf Industrie 4.0 Was bedeutet der schillernde Begriff Industrie 4.0 für die Kommunikation in der Automation, was geht heute schon und was sind die wichtigen Schritte auf dem künftigen Weg? Diesen Fragen geht dieser Artikel aus der Sicht eines Antriebsherstellers nach, der in über 20 Jahren viele Kommunikations- Schnittstellen und -Lösungen entwickelt hat und aktiv in der Standardisierung mitarbeitet. Industrie 4.0: Ideen und Visionen Bevor der Aspekt Kommunikation in der Automation vertieft wird, sei zunächst der Begriff Industrie 4.0 erläutert: er steht für die vierte Industrielle Revolution durch Verschmelzung von virtueller und realer Autor: Dipl.-Ing. Stefan Pollmeier, geschäftsführender Gesellschafter der ESR Pollmeier GmbH (Servo-Antriebstechnik), Vorsitzender des Gemeinschaftsausschusses Kommunikation in der Automation im ZVEI. www.esr-pollmeier.de Welt in der Fabrik. In den oft publizierten Visionen startet der Kundenauftrag aus dem Internet die Produktion mit Losgröße 1. Das entstehende Produkt steuert dann mit RFID-Tags selbst seinen Weg durch die Produktion. Abstrahiert man Industrie 4.0 zur industriellen Untermenge der sogenannten Cyber-Physical-Systems (CPS), dann wird die Rolle der Kommunikation sichtbarer: Mobile Geräte wie Smartphones und Tablet-PCs, das Internet und Cloud Computing sind dabei wesentliche Elemente des Cyber in CPS, die Fabrik mit ihren vernetzten Maschinen steht für das Physical in CPS, beide bilden zusammen mit den Menschen das ganze Cyber-Physical-System. Ohne Kommunikation allgemein und speziell industrielle Kommunikation in der Fabrik geht bei Industrie 4.0 also nichts. Verbände-Plattform Um die Ideen voranzubringen haben sich die drei Industrieverbände ZVEI (Elektrotechnik), VDMA (Maschinenbau) und BITKOM (Informations- und Kommunikationstechnik, IKT) zusammengetan. In ihrer gemeinsamen Plattform Industrie 4.0 gehen sie die Umsetzung der Empfehlungen an, die von Forschungsunion und Acatech im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung zum Thema Industrie 4.0 entwickelt worden waren. Von den dort identifizierten Themen spielen Normen und Standards sowie Sicherheit (im Sinne von IT-Security) für die Kommunikation die herausragende Rolle. Hier gibt es viel zu tun: eine VDE- Studie hat fehlende Normen und Standards und IT-Securityprobleme neben hohem Qualifizierungsbedarf als größte Bremsklötze ausgemacht. Auch wenn am Ende Hersteller und Anwender Industrie 4.0 mit Produkten umsetzen müssen, so kann vor diesem Hintergrund nur eine intensive Zusammenarbeit der Elektronik-, Maschinenbauund IKT-Branchen die Voraussetzungen schaffen. Kommunikationsevolution Industrie 4.0 bedeutet einerseits Dezentralisierung und fordert andererseits wieder die kommunikative Integration der verteilt angeordneten Komponenten und Systeme. Hinzu kommt die ad-hoc Einbindung lokaler mobiler Bediengeräte z. B. für Inbetriebnahme und Wartung oder entfernter Stationen für Teleservice. Damit verlangt Industrie 4.0 eine hohe Durchgängigkeit der Kommunikation über mehrere Ebenen und hohe Flexibilität. Die Kommunikation in der Automation über (Echtzeit-)Ethernet oder Feldbusse auf Ebene der Maschinen und Anlagen einer Fabrik ist dabei ein wichtiger Teilbereich. Vor dem Hintergrund der starken Integration wird Ethernet-basierte Kommunikation und die lokale Nutzung von Internet-Protokollen (z. B. Web-, E-Mail oder FTP-Dienste) für industrielle Komponenten noch stärker an Bedeutung gewinnen. Die Kommunikationsarchitektur wird dabei vor allem dadurch bestimmt, wie die Subsysteme jeweils geplant, gebaut, inbetriebgenommen und gewartet werden. Unterschiedliche Echtzeitanforderungen werden ebenfalls einen starken Einfluss auf die Architektur haben. Heterogene Kommunikationssysteme können über OPC-UA (OPC Unified Architecture) zusammengeführt werden, FDT/DTM (Field Device Tool/ Device Type Manager) und später vielleicht einmal FDI (Field Device Integration) sind ebenfalls potentielle Integrationshelfer. Die verstärkte Integration in die betriebliche IT oder gar das Inter- 40 PC & Industrie 6/2013

Kommunikation net garantiert spannende Diskussionen zwischen Automatisierern und IT-Abteilungen in den Unternehmen. Eine geschickte Abgrenzung von Subsystemen z. B. über Firewalls und/oder VPN-Zugänge kann hier die Aufgaben der IT-Security beherrschbar machen. Je nach Integrationsgrad werden aber auch die IT-Security-Anforderungen an die einzelne Automatisierungskomponente steigen. Industrie 3.9: Was heute geht Die Kommunikation in der Automation bietet heute schon fast alle technischen Möglichkeiten, die Industrie 4.0 fordert. Werden z. B. die Servoantriebe über Ethercat in Echtzeit an eine SPS angebunden, so fungiert diese als Gateway: Die Bedienund Inbetriebnahmesoftware kann dann mit speziellen Treibern von überall her auf jeden Antrieb zugreifen. Die technischen und organisatorischen Schwierigkeiten beginnen erst beim Übergang vom Automatisierungssystem zur IT, wenn verschiedene Firewalls zu überwinden sind. Der temporäre Zugang zum Internet, bei dem z. B. nur für eine Fernwartungssitzung ein Zugriff auf den Bedien-PC erfolgt, ist derzeit eine gern genutzte Alternative. maschinenbauer haben nicht nur eine große Vielfalt bei kleinen Stückzahlen zu bewältigen, sie müssen ggf. je nach Kundenwunsch unterschiedliche Automatisierungssysteme und damit auch Kommunikationssysteme unterstützen. Stehen die Maschinen dabei so unter Preisdruck, dass für Programmierung und Schaltschrankbau der Preis das Haupt-Auswahlkriterium ist, dann wird schon das Nachdenken über Industrie 4.0 unbezahlbar. Rolle der Komponentenhersteller Komponentenhersteller haben in den vergangenen Jahrzehnten wichtige Rollen bei der Standardisierung gespielt. Sie unterstützten systemunabhängig in einer Gerätefamilie zunächst unterschiedliche Feldbusse und heute Ethernet- Schnittstellen vom reinen Ethernet über Modbus/TCP bis zu Ethercat oder Profinet. Um die Vielfalt und die dazugehörigen Entwicklungsaufwände in vertretbarem Rahmen zu halten, trieben sie systemübergreifende Standards voran. Drivecom-Profile beeinflussten zunächst Profidrive und CANopen, schließlich kann nach der Norm IEC 61800-7 z. B. das CANopen-Antriebsprofil 402 nicht nur auf dem CAN-Bus, sondern auch auf Echtzeit-Ethernet wie z. B. Ethercat genutzt werden. Dabei sind die Antriebshersteller unter den Komponentenherstellern am aktivsten, denn ihre Produkte nutzen die Breite der Kommunikationsmöglichkeiten am stärksten. Verbände und Organisationen Wesentliche Aufgabe der oben erwähnten Verbände-Plattform Industrie 4.0 auf dem Feld der industriellen Kommunikation ist die Koordination zwischen Anbietern und Anwendern, den Nutzerorganisationen für Feldbusse und Industrial Ethernet sowie der Forschung. Speziell bei der IT-Security kommt noch die Koordination mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hinzu. Einem einzigen neuen Standard für die Kommunikation steht die große installierte Basis der verschiedenen Systeme genauso entgegen wie die Investitionen der großen Systemanbieter in ihr jeweiliges System. Die wesentliche Herausforderung bei Industrie 4.0 wird darin bestehen, Integrationstechnologien wie OPC- UA so weiterzuentwickeln, dass sie beim Datenzugriff möglichst vollständig vom unterlagerten Kommunikationssystem abstrahieren. Dasselbe gilt auch für neue Entwicklungen z. B. bei Webservices für die Automation. Auch hier sind die Schnittstellen so zu gestalten, dass unterlagerte Kommunikationssysteme möglichst verborgen bleiben. Hier werden die Anwender und systemunabhängigen Komponentenhersteller gefordert, denn die großen Systemanbieter fördern eine solche Offenheit nicht offensiv. Der verstärkte Einsatz von Kommunikationsstandards aus der IKT in der Industrie rückt auch das europäische Institut für Telekommunikationsnormen ETSI in den Fokus. Bei der Überarbeitung der Wireless-Norm EN 300328 sind Echtzeit- Aspekte unberücksichtigt geblieben. Die Automatisierungsbranche muss hier für ein besseres Verständnis ihrer Belange sorgen, um weitere Stolpersteine zu vermeiden. Auf dem Weg zu Industrie 4.0 Warum werden die heutigen Möglichkeiten der Kommunikation in der Automation zur Integration noch so wenig genutzt? Fehlende, ungenutzte oder zu viele Standards parallel erhöhen Lern- und Implementierungsaufwand so, dass die Kosten oft den Kundennutzen übersteigen. IT-Security ist nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch im Zusammenspiel von Kunden und Lieferanten einerseits, Automatisierern und IT-Abteilungen andererseits sehr komplex. Deshalb wird in der Automation der dauerhafte Anschluss an die klassische IT oder gar die Welt des Internets oft entweder vermieden oder bewusst oder unbewusst unsicher realisiert. Dabei gibt es durchaus Unterschiede: Automobilhersteller und große Serienmaschinenhersteller haben soviel Masse, dass sich die hohen Aufwände eher amortisieren, sie sind deshalb in Anwendung bzw. Angebot weiter. Sonder- PC & Industrie 6/2013 41

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© beam-Verlag Dipl.-Ing. Reinhard Birchel