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6-2017

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Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik

Stromversorgung

Stromversorgung Schneller und verlustärmer schalten mit GaN-HEMTs Bauteile, die man eher mit „HF“ in Verbindung bringt, sind im „Power“-Segment ebenso gut aufgehoben und bringen dort große Vorteile – so der Gallium-Nitrid-HEMT. Doch wie wird er konkret angewendet? Und brauchen wir Netzteile mit 40 MHz Schaltfrequenz? Bild 1: Eine höhere Aktivierungsenergie führt zu höherer Lebensdauer (Bilder: transphorm) Autor: Die Elektronik begann mit feldgesteuerten Bauelementen: den Röhren, ob als lineares Verstärkerelement, der Elektronenröhre mit geheizter Kathode oder als Schalter für höhere Leistungen, dem gasgefüllten Thyratron. Beide hatten den Vorzug, über die Gitter hochohmig und rein spannungsgesteuert zu arbeiten. Zudem war zumindest die reguläre Elektronenröhre auch für die damaligen Verhältnisse hochfrequenter Anwendungen geeignet. Erst im UHF-Fernsehtuner waren Halbleiter plötzlich die bessere Wahl; bipolare Transistoren, die strom- und nicht spannungsgesteuert arbeiten. Heute hat sich nicht nur die Anzahl von Bauelementen in einer Schaltung um etliche Zehnerpotenzen vervielfacht, sondern auch die Arbeitsfrequenz. Computer arbeiten im GHz-Bereich, ebenso unsere Mobiltelefone. Moderne Netzteile nutzen ebenfalls nicht mehr 50-Hz-Transformatoren, sondern arbeiten von 50-kHz- bis in den MHz-Bereich. Geblieben ist jedoch, dass Entwickler spannungsgesteuerte aktive Bauteile bevorzugen. Das ist kein Problem, denn viele Halbleiter, die längst den Platz der Röhren eingenommen haben, sind ebenfalls feldgesteuert: Das Prinzip des FETs, des spannungsgesteuerten unipolaren Feldeffekttransistors, wurde schon in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts definiert; damals jedoch mangels der Möglichkeit, diese Bauteile herzustellen, nicht weiter verfolgt, weshalb die ersten marktreifen Transistoren zunächst bipolar waren. Der FET in all seinen Varianten ist heute jedoch gegenüber dem mit p-n-Sperrschichten stromgesteuerten bipolaren Transistor weit verbreitet. Eine Kombination aus beiden, der IGBT, hat den Thyristor, das Äquivalent zum Thyratron, in der Leistungselektronik außerhalb einfacher Glühlampendimmer längst abgelöst. Der FET wurde laufend weiterentwickelt. War er zunächst als Kleinleistungs-JFET wie bipolare Transistoren mit einer Sperrschicht ausgerüstet, die bei falscher Polung leitete, kam der MOSFET mit einem durch Siliziumoxid isolierten Gate, der längst auch als Leistungs- MOSFET verfügbar ist. GaN-HEMTs erreichen aufgrund der besonderen Materialeigenschaften mit und ohne isoliertes Gate eine noch bessere Schaltcharakteristik und -geschwindigkeit als Silizium-Halbleiter, ob JFET, MOS- FET oder IGBT. Anwendungen von GaN-Halbleitern Der Verbindungshalbleiter Galliumnitrid wurde zunächst als Grundlage für blaue und damit auch weiße LEDs bekannt, was 2014 zur Verleihung des Nobelpreises an deren Erfinder führte. Zum Abstrahlen blauen Lichts sind größere Bandabstände im Halbleiter erforderlich. Doch andere Wide-Band-Verbindungshalbleiter wie Siliziumkarbid hatten sich zuvor als nicht geeignet herausgestellt. Trotz Preisen im dreistelligen DM-Bereich und Produktion in Deutschland zeigten blaue LEDs aus SiC nur kurze Lebensdauern. Danach entdeckte man ähnlich zu Galliumarsenid die besonderen Fähigkeiten des Materials Galliumnitrid für Hochfrequenz-Transistoren, den HEMTs (High Elec- Dipl. Ing. (FH) Wolf- Dieter Roth, technischer Redakteur bei HY-LINE Power Components Kleiner, schneller, leistungsfähiger Bild 2: Querschnitt durch einen Leistungs-HEMT, hier mit isoliertem Gate. Das „zweidimensionale Elektronengas“ (2DEG) bildet sich an der Grenzschicht zur AlGaN-Sperrschicht aus 16 PC & Industrie 6/2017

Stromversorgung Bild 3: transphorm-Kaskodenschaltung aus N-Kanal HEMT und steuerndem Niederspannungs- Silizium-MOSFET tron Mobility Transistors). Und eben jene sind nun auch als Leistungsbauelemente verfügbar, beim von HY-LINE Power Components vertretenen Hersteller transphorm entwickelt von jenen Leuten, die zuvor bereits GaN-LEDs und GaN-Hochfrequenz-Bauteile produziert hatten und so auf viele Jahre Erfahrung mit diesem Material zurückblicken können. Geringe Leckströme und hohe Temperaturfestigkeit Wide-Band-Halbleiter wie GaN haben den Vorteil, geringe Leckströme und hohe Temperaturfestigkeit zu zeigen. Im Gegensatz zu Germaniumtransistoren, die wegen ihrer geringen Temperaturbeständigkeit und hohen Ruheströme bereits nach wenigen Jahren durch Siliziumhalbleiter ersetzt wurden, können transphorm-GaN- Halbleiter bis 175 °C Sperrschicht- Temperatur betrieben werden, also noch weiter als Silizium. Mit einem Betrieb bis 150 °C, wie in Datenblättern spezifiziert, steigt die Zuverlässigkeit. Dabei fällt dank hohen Wirkungsgrads und infolge der hohen Elektronenbeweglichkeit im Halbleiter, die die Schaltzeiten minimiert, die Eigenerwärmung des Bausteins geringer aus. Doch auch bei geringeren Temperaturen bringt die höhere Aktivierungsenergie von GaN eine erhöhte Lebensdauer (Bild 1). Zweidimensionales Elektronengas Die hohe Elektronenbeweglichkeit der HEMTs entsteht wiederum dadurch, dass sie mindestens zwei unterschiedliche Verbindungs-Halbleitermaterialien mit unterschiedlicher Bandlücke nutzen, neben GaN beispielsweise noch AlGaN. An der Grenzschicht zwischen beiden Materialien entsteht dann das sogenannte zweidimensionale Elektronengas, eine Zone, in der sich Elektronen entlang der Grenzfläche – und nur entlang dieser – besonders schnell bewegen können (Bild 2). Ein Problem der normalen GaN- HEMTs ist, dass sie von Natur aus ohne Steuerspannung leitend sind – es sind selbstleitende Verarmungs- Typen. Damit ähneln sie zwar wieder den Elektronenröhren, doch war dieses Verhalten schon bei diesen lästig. Ein Bauteil, das ohne Steuerspannung einschaltet, ist schon in Kleinleistungsschaltungen gewöhnungsbedürftig, in der Leistungselektronik jedoch absolut problematisch, weil ein Ausfall der Ansteuerung zum Durchschalten aller Leistungsstufen und damit zu Kurzschlüssen führt. Ohne Steuerspannung abgeschaltet ist angenehmer Selbstsperrende Anreicherungs- Typen sind im Schaltungsdesign wesentlich angenehmer, doch beim GaN-HEMT eher als p-Typ-Varianten realisierbar, bei denen Elektronen- Lücken (Löcher) den Strom darstellen, nicht Elektronen. Diese haben leider gegenüber den n-Typ-Varianten bislang noch die schlechteren Kenndaten. Auch andere Designvarianten, die zu HEMTs führen, die ohne Steuerspannung sperren, haben teils funktionelle Nachteile, erreichen beispielsweise nur 200 V Sperrspannung oder haben kein isoliertes Gate. transphorm hat dieses Problem aktuell durch eine Kaskoden-Schaltung nach Bild 3 aus einem selbstsperrenden Niederspannungs- MOSFET in Silizium-Technik und einem normalen n-Typ-HEMT gelöst. Bei kleinen Spannungen ist der konventionelle MOSFET noch schnell genug und die Kaskode ist so ebenfalls selbstsperrend. Ein Miller-Plateau tritt nicht in Erscheinung und 650 V Sperrspannung wie bei IGBTs und MOSFETs sind kein Problem. Der Kaskoden-HEMT kann nun prinzipiell wie ein normaler Silizium-Leistungs-MOSFET eingesetzt werden. IGBT- und MOSFET- Treiberschaltungen sind daher auch für GaN-HEMTs verwendbar und Steuerspannungen bis zu ±18 V mit ihrem erhöhten Störabstand sind einsetzbar. Speziell entwickelte Schaltung Den HEMT 1:1 anstelle eines MOSFETs in eine vorhandene Schaltung einzubauen, ist allerdings nicht sinnvoll, weil er dabei seine Vorzüge nicht ausspielen kann. HEMTs sollten schon eigens für sie entwickelte Schaltungen erhalten, die die höhere Schaltgeschwindigkeit, die geringere Verlustleistung und auch andere Unterschiede bei den „inneren Werten“ berücksichtigen. So enthält der HEMT keine langsame Body-Diode mit hohem Qrr, die Probleme bereitet, und benötigt keine externen Freilaufdioden (Bild 4). Auch dies macht Schaltungen mit GaN-Leistungshalbleitern schneller. IGBTs schaffen maximal zweistellige kHz-Werte und benötigen zusätzliche Freilauf-Dioden. 600-V- MOSFETs erreichen wegen des hohen Qrr ihrer Body-Dioden in Brückenschaltungen auch keine besseren Ergebnisse. Ein aktuell lieferbarer GaN-HEMT hat dagegen Einschaltzeiten von nur 3,5 ns. Keine Body-Diode Wirkungsgrade und Leistungsdichten für Stromversorgungen und Spannungswandler mit GaN- Leistungshalbleitern liegen deutlich über denen optimierter Silizium-Lösungen. Dabei muss das schnellere Schalten nicht zu erhöhten Funkstörungen führen. Um diese zu minimieren, gibt es transphorm- HEMTs jeweils in unterschiedlichen Bauformen mit Source oder Drain an der Kühlfahne, um an dieser auch in Brücken- und Gegentakt-Schaltungen stets ein stabiles Potential ohne schnelle Spannungswechsel zu haben. Neben SMD-Gehäusen sind die HEMTs aktuell auch in TO-220- und TO-247-Gehäusen lieferbar, die besser an Kühlkörper geschraubt werden können. So sind gegenwärtig mit dem TPH3207 bereits bis zu 220 A Spitzenstrom möglich bei 650 V Schaltspannung, 41 mΩ Durchgangswiderstand und einem Qrr von nur 175 nC bei voller Einhaltung der JEDEC-Qualifikationen. Dabei wird es natürlich nicht bleiben. 2017 sollen im TO-247-Gehäuse unter 30 mΩ erreicht werden, in SMDund TO-220-Gehäuse unter 50 mΩ und damit bis zu 2,5 kW Leistung in der Applikation. 2018 folgen dann höhere Sperrspannungen von 900 Bild 4: GaN-HEMTs benötigen auch in mehrphasigen Brückenschaltungen keine Freilaufdioden PC & Industrie 6/2017 17

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© beam-Verlag Dipl.-Ing. Reinhard Birchel