Sensoren Kraftsensoren kalibrieren und rekalibrieren Die Begrifflichkeiten und die Gründe einer (Re)kalibrierung Prozessüberwachung © Adobe.Stock Autoren: Jozef Čukan, Geschäftsführer Vypro s.r.o. und Reinhard Koch, Marketing und Vertrieb Inelta Sensorsysteme Vypro s.r.o. www.vypro.de Inelta Sensorsysteme kalibrierung@inelta.de www.inelta.de In sehr vielen Anwendungen sind Sensoren zur Regelung von Abläufen oder Dokumentation von Prozesswerten verbaut. Es liegt in der Natur der Sache, dass Sensoren über die Zeit und bei bestimmten Umweltbedingungen wie hohen Temperaturen ihre Kennwerte verändern können. Gerade in sensitiven Anwendungen wie in der Medizintechnik, im Flugzeugbau oder im industriellen Umfeld müssen diese Kennwerte bekannt und dokumentiert werden, um die Rückführbarkeit auf internationale Normale sicherzustellen. In vielen Bereichen ist dies durch normative oder gar gesetzliche Vorgaben vorgeschrieben. Wir möchten dieses einmal an Beispielen aufzeigen. Die Firma Inelta Sensorsysteme hat sich neben den Standard-Kraftsensoren auf die Anpassung der Sensoren an die Kundenanwendung spezialisiert. Aus den vielfältigen Anwendungen sind hier einige Beispiele aufgeführt um an das Thema (Re)kalibrieren von Sensoren heranzuführen: In der Prozessüberwachung und Qualitätskontrolle an Maschinen wie z. B. Crimpkraftüberwachung, Abzugskraftmessung in der Kabelverarbeitung werden verschiedene Kraftsensoren eingesetzt. Wenn hier die benötigten Kräfte zu große Toleranzen aufweisen, wird das Endprodukt Kabel ebenfalls Fehler aufweisen, welche sich erst später beim Verwender der Kabel bemerkbar machen. Deshalb werden bei diesen Kraftsensoren hohe Ansprüche an Genauigkeit und Reproduzierbarkeit gestellt und regelmäßig nachkalibriert. Beispiele Bild 1: Bühnentechnik © Adobe.Stock • In der Bühnentechnik (Bild 1) werden Lasten über Bandzüge ge hoben, bei Bühnenshows werden auch Darsteller an Seilen zum Schweben über der Bühne gebracht. Alle diese arbeiten unterliegen Sicherheitsbestimmungen und den Arbeitsschutzbestimmungen. Alle Elemente müssen auch gegen Überlastung geschützt werden. Diesen Schutz übernimmt ein Kraftsensor. • Im Flugzeugbau werden die verschiedensten Belastungen bis hin zur Bruchbelastung getestet. Hier zeigen Kraftsensoren zuverlässig an, ab welcher Kraft ein Bauteil nicht mehr einsatzbereit ist. • Im Förderschneckenbau wird über einen Ringkraftsensor (genannt „messende U-Scheibe“) die Belastung der Förderschnecke gemessen und bei Überlastung die Materialzufuhr gedrosselt. Dadurch wird die Lebensdauer der Anlage deutlich verlängert. • Industrielle Manipulatoren erleichtern den Transport schwerer Lasten und wirkten als Lastbalancer an den Arbeitsplätzen. Hier kann der Anwender aufgrund der meist pneumatischen Betätigung nicht mehr abschätzen, ob das System überlastet ist oder nicht. Das übernimmt hier der Kraftsensor. • Windkraftanlagen (Bild 2) nutzen Kraftsensoren oder Ringkraftsensoren um den richtigen Anpressdruck der Schraubverbindungen zu überwachen und die Belastung und Festigkeit der Rotoren im Betrieb zu kontrollieren. Die Einsatzmöglichkeiten von Kraftsensoren sind sehr vielfältig. 26 PC & Industrie 8/2022
Sensoren Aber den meisten Anwendungen im industriellen, medizinischen und Aerospace-Anwendungen ist gemeinsam, dass sie Prozesse steuern und überwachen. Ein Kraftsensor ist immer ein wichtiges Sicherheitselement, welches zuverlässig innerhalb der vorgegebenen Spezifikationen arbeiten sollte. Sensoren müssen präzise sein In diesen beispielhaften Anwendungen wird deutlich, dass die Kennwerte der jeweiligen Kraftsensoren sehr genau überwacht werden müssen. Allerdings gilt das nicht nur in den beispielhaften Anwendungen, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Da durch die verschiedenen Bedingungen wie Reinigungen, Laufzeiten und Temperaturen usw. jeder Sensor mehr oder weniger altert, gibt es standardisierte Verfahren, um die Spezifikationen und damit die definierte Sicherheit eines Kraftsensors zu gewährleisten. Ein Kraftsensor schützt in der Regel Mensch und Maschinen. Deshalb sollte sich jeder Verwender von Sensoren, speziell Kraftsensoren, mit dem Thema (Re)kalibrieren auseinandersetzen. Unterschiede in der durchgeführten Kalibrierung Die (Re)kalibrierung geschieht in verschiedenen, je nach Anwendung gestaffelten Möglichkeiten: a) Der Kraftsensor hat bei der Auslieferung eine Spezifikation gemäß Datenblatt sowie mitgeliefertem Messprotokoll (Kalibrierbericht) für jeden Sensor. b) Kraftsensoren werden entweder mit einer Werkskalibrierung oder einer Kalibrierung nach Norm in gewissen Zeitintervallen re kalibriert. Es werden hiermit die Abweichungen des Kraftsensors gegenüber einem rückführbaren Normal erfasst und in den Kalibrierschein eingetragen. Es erfolgt kein Eingriff in den Kraftsensor. c) Die bestmögliche Art Kraftsensoren zu kalibrieren ist mit einer Kalibrieranlage gemäß DIN ISO 17025 nach Richtlinie ISO 376 (wird in Deutschland auch häufig DAkkS = Deutsche Akkreditierungsstelle genannt). Das Prüflabor muss also nach Standard Bild 2: Montage einer Windkraftanlage © Adobe.Stock DIN ISO 17025:2017 akkreditiert sein, die Identifikation erfolgt z. B. nach der Richtlinie EN ISO 376. Damit werden auch die Messunsicherheiten im Kalibrierzertifikat genau beschrieben. EN ISO/IEC 17025 akkreditierte Labore wie z.B. vypro.de garantieren die vollständige metrologische Rückführbarkeit auf internationale Standards. Der Begriff „Kalibrierung“ sollte nicht mit dem Begriff „Justieren“ verwechselt werden. Eine Kalibrierung, egal welche der drei hier angeführten Varianten, wird immer dokumentiert. Diese Dokumentation erfolgt per Kalibrierbericht, Kalibrierschein oder eines Kalibrierzertifikats. Was bedeutet eigentlich DIN EN ISO 376? Die Internationale Norm (ISO), die als europäische Norm (EN) und damit auch als deutsche Norm (DIN) veröffentlicht wurde und von allen Mitgliedern der europäischen Normungsorganisation (CEN/CENELEC/ETSI) übernommen wurde. Die DIN EN ISO 376 beschreibt die Kalibrierung der Kraftmessgeräte für die Prüfung von Prüfmaschinen mit einachsiger Beanspruchung (ISO 376:2011); Deutsche Fassung EN ISO 376:2011. In dieser Norm werden die Bedingungen für eine Prüfung von Kraftmessgeräten in Druck- oder Zugrichtung detailliert beschrieben. Die wichtige Frage ist natürlich: Warum und wann müssen Kraftsensoren rekalibriert werden? Das „warum“ ist einfach: jeder Sensor unterliegt durch Benutzung und Alterung einem gewissen „wandern“ der Ausgangswerte. Das „wann“ ist schon etwas schwieriger und hängt auch sehr stark von der Anwendung ab. In der Medizintechnik und im Flugzeugbau bestehen deutlich kürzere Prüfintervalle als in der Industrie. Es gibt aber keine feste Regel, wann die Kraft- Bild 3a: Eine 20t-Hebelkraftanlage bei www.vypro.de © Vypro s.r.o., SVK-91101 Trencin Bild 3b: Messgewichte, 2 Tonnen © Vypro s.r.o., SVK-91101 Trencin PC & Industrie 8/2022 27
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