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Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik

Titelstory IIoT:

Titelstory IIoT: Spannung zwischen Maschinenbauer und Anlagenbetreiber auflösen Schritt für Schritt zur Digitalisierung Bild 1: Fernzugriff im Spannungsfeld zwischen Endkundenakzeptanz und Serviceangeboten der Maschinenbauer © Montage HMS auf Basis Gorodenkoff - shutterstock.com Autor: Thilo Döring Geschäftsführer HMS Industrial Networks GmbH info@hms-networks.de www.hms-networks.de Das Industrial Internet of Things (IIoT) bietet fantastische Aussichten: Maschinenbauer könnten z. B. über Fernzugriff schneller auf Probleme reagieren, Reisekosten sparen und damit Service günstiger anbieten, neue Geschäftsmodelle entwickeln oder höhere Kundenzufriedenheit generieren. Anlagenbetreiber wiederum würden von höheren Anlagenverfügbarkeiten, optimierten Prozessen und damit einhergehenden Energieeinsparungen sowie vom Support durch externe Experten u.v.m. profitieren. Und dennoch geht die praktische Umsetzung von IIoT nur zögerlich vonstatten. Bedenken gibt es bei Maschinenbauern, Anlagenbetreibern und im Management gleichermaßen. Ließen sich diese durch einfach zu integrierende aber zugleich sichere Lösungen vertreiben, entstünde eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Wie kann das ge lingen? Der erfolgreiche Weg zur IIoT-Integration lautet: Groß träumen, pragmatisch starten. Die Situation Das Spannungsfeld, in dem sich Maschinenbauer und Anlagenbetreiber im Hinblick auf die Digitalisierung befinden, lässt sich gut an einem Alltagsbeispiel erläutern: Autofahrer sind in der Regel nicht begeistert, dem Hersteller über ihre Fahrgewohnheiten oder sonstiges Nutzerverhalten Auskunft zu geben. Dennoch verfügen moderne Autos über eine Internetverbindung. Sie ermöglicht es beispielsweise, dass die Fahrer aktuelle Verkehrsinformationen wie Staumeldungen in Echtzeit erhalten. Die passende Fahrzeug-App gibt es für Modelle neueren Baujahrs meist gleich dazu. Mit ihr lässt sich zum Beispiel der Standort des Autos ermitteln, Fenster können geöffnet und geschlossen, Türen ver- oder entriegelt werden. Auch das Abfragen des Tankinhalts bzw. Akkuladestands und der damit verbundenen Restreichweite ist eine nützliche Funktion. Bei E-Autos gerne in Verbindung mit Anzeige der nächsten Ladestation. Je nach App sind zusätzliche Motorinformationen wie beispielsweise Beschleunigung, Motorlast, Öl- und Wassertemperatur abrufbar. Insgesamt also eine nützliche Sache, die den Fahrzeugnutzern so manchen Vorteil bietet. Letztendlich sind es die Vorteile, die dazu führen, dass die Nutzer akzeptieren, dass Informationen über ihre Nutzungs- und Fahrgewohnheiten an die Hersteller übermittelt werden. Diese nutzen die Informationen wiederum dazu, ihre Fahrzeuge weiter zu optimieren und besser an den Nutzergewohnheiten auszurichten. Wichtig ist bei all dem natürlich, dass der Datenzugriff sicher abläuft und klar geregelt ist, wer mit welchen Daten was tun darf. Akzeptanz als Wegbereiter der Digitalisierung Grundsätzlich kann auch in der Automatisierung umgesetzt werden, was sich im Automobilbereich gerade bei neuen Fahr zeugen 12 Einkaufsführer Produktionsautomatisierung 2023

Titelstory Digitalisierung Fernzugriff zunehmend etabliert. In der Automatisierung geht die Umsetzung der Digitalisierung allerdings noch stockend voran. Viele Anlagenbetreiber sind skeptisch, wenn es darum geht, Maschinenbauern den Zugriff auf Maschinen innerhalb ihrer Anlage zu erlauben. Denn sie möchten die Kontrolle über die Zugriffe von außen behalten. Auch Sicherheitsbedenken spielen nach wie vor eine große Rolle. Laut der Microsoft-Studie „IoT Signals“ vom Oktober 2021 scheitert ein Drittel aller Digitalisierungsprojekte bereits in der Proof-of-Concept-Phase, weil eine klare Strategie oder die Expertise fehlt, der ROI unklar ist und die Kundenanforderungen nicht im Fokus stehen. Dazu kommt, dass für die meisten Maschinenbauer Cybersicherheit ein relativ neues Thema ist, bei dem sie erst noch Know-how aufbauen müssen. Die Möglichkeit des Fernzugriffs wird seitens des Maschinenbauers oft nur im Kontext der Fehlersuche betrachtet, um im Notfall einen Einblick in die Maschine zu bekommen. Daher wird der Fernzugriff auf eine Maschine meist nur als Option angeboten, für die der Anlagenbetreiber zusätzlich zahlen muss; oder es werden alternative Lösungen eingesetzt, wie zum Beispiel eine Software-Verbindung mit dem Laptop eines Instandhaltungsmitarbeiters. Damit können auftretende Fehler meist kurzfristig gelöst werden, allerdings ist das keine Basis für ein Serviceangebot bzw. eine Digitalisierungsstrategie. Remote Monitoring für vorausschauende Wartung Ein Umdenken ist notwendig Erst wenn Maschinenbauer hier umdenken und eine Vision für einen strukturierten Service entwickeln, der Anwendern wie im vorherigen Automobilbeispiel überzeugende Vorteile bietet, kann das Spannungsfeld zwischen Endkunden akzeptanz und Serviceangeboten der Maschinenbauer aufgelöst werden. Aufgabe der Maschinenbauer wäre es, die Nutzerakzeptanz zu er höhen, indem sie das Thema Fernzugriff strategisch angehen, zuverlässige Sicherheitsverfahren implementieren und den Mehrwert des Fernzugriffs für den Anlagenbetreiber in den Fokus nehmen. Zum Beispiel, indem sie neue, gut durchdachte und – ganz wichtig – nutzerorientierte Geschäftsmodelle mit klaren Regeln zur Datennutzung entwickeln. Der Maschinenbauer würde selbst ab dem ersten Servicefall vom Fernzugriff profitieren, weil er ohne aufwendige Anreise direkt reagieren und so eine höhere Kundenzufriedenheit schaffen kann. Erster Schritt: Anlage verbinden Integration in IIoT-Plattformen verschiedener Anbieter Bild 2: Fernzugriff als erster Schritt bei Digitalisierungsprojekten © HMS IIoT lässt sich nicht einfach nebenbei realisieren. Der erste Schritt auf dem Weg zum Ziel besteht darin, die Konnektivität einer Anlage herzustellen. Laut einer Studie der Arc Advisory Group können 63 % aller routinemäßigen Instandhaltungsarbeiten auch aus der Ferne durchgeführt werden. Allerdings ist ein Großteil industrieller Anlagen noch nicht für einen Fernzugriff ausgelegt, obwohl die Vorteile des Fernzugriffs für Anlagenbetreiber schnell sichtbar sind. Sie profitieren von einer zügigeren Fehlerbehebung, was die Anlagenverfügbarkeit verbessert und haben quasi einen direkten Draht zum Maschinenexperten. Gleichzeitig hat der Maschinenbauer geringere Kosten bei den Serviceeinsätzen, da Servicetechniker weniger reisen müssen. Letzteres verbessert wiederum deren Work-Life-Balance und trägt zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit beim Maschinenbauer bei. Hohe Sicherheitsstandards als Grundvoraussetzung Obwohl die Vorteile auf der Hand liegen, ist es für Maschinenbauer nicht einfach, die Anlagenbetreiber vom Fernzugriff zu überzeugen. Sicherheitsbedenken sind eine große Hürde. Für Maschinenbauer ist es eine Herausforderung zu erklären, warum der Fernzugriff sicher ist, welche Sicherheitsstandards hinter legt sind und wie sie implementiert wurden. Da der Fernzugriff in der Vergangenheit meist nur optional angeboten wurde, muss hier zusätzliche Überzeugungsarbeit geleistet werden. Thierry Bieber unterstützt bei HMS Kunden bei der Umsetzung von Digitalisierungsstrategien. Er erläutert: „Kunden, die unsere Ewon-Lösung für den Fernzugriff standardmäßig in ihre Maschinen integriert und den Service via Fernzugriff strategisch aufgesetzt haben, konnten die Nutzerakzeptanz deutlich erhöhen.“ Die Lösung muss als Grundvoraussetzung hohe Sicherheitsstandards unterstützen. Der Anlagenbetreiber hat bei der Ewon-Lösung von HMS auch immer noch die Möglichkeit, über einen „Schlüsselschalter“ direkt an der Maschine die Fernverbindung für den Fernzugriff selbst freizugeben. Die Investition in den benötigten Fernwartungsrouter zahlt sich schon beim ersten eingesparten Service-Einsatz vor Ort aus. Damit profitieren beide Seiten gleichermaßen vom Fernzugriff. Zweiter Schritt: Serviceleistung erhöhen und Kunden involvieren Ist der erste Schritt getan und der Fernzugriff auf die Anlage eingerichtet, können weitere folgen. Da Fernzugriff heute von den Maschinenbauern meist nur im Fehlerfall eingesetzt wird, wird er nur bei Bedarf aktiviert. Ziel wäre es jedoch, den Anlagenbetreiber stärker einzubinden und ihm einen Service zu bieten, der für ihn weiteren Mehrwert generiert. Denn die Maschinenvernetzung bietet auch dem Anlagenbetreiber, seinem Produktionsleiter oder Instandhaltungsmitarbeitern zahlreiche Vorteile. Der Maschinen bauer könnte im Rahmen eines verbesserten Service-Angebots für diese Akteure Zugriffsrechte freischalten, damit sie sich selbst einen Überblick über den Maschinenzustand verschaffen können, um besser und schneller auf aktuelle Gegebenheiten reagieren zu können. Und zwar unabhängig davon, ob sie sich gerade in der Anlage befinden oder nicht. Dafür müssten auch keine weitreichenden Nutzerrechte eingerichtet werden. In diesem Szenario würde es zum Beispiel genügen, dem Anlagenbetreiber und dessen Mitarbeitern nur lesenden Zugriff zu gewähren. Denkbare weitere Schritte wären, relevante Maschinendaten für den Anlagenbetreiber zunächst nur lokal abzufragen, um Maschinenkennzahlen (KPIs) zu überwachen oder Alarme und Benachrichtigungen bei Abweichungen der Sollwerte zu versenden. Da in diesem Fall die Maschinendaten innerhalb der Anlage bleiben, ist dafür keine aufwendige Anbindung an eine IIoT- Plattform notwendig. Die Nutzerakzeptanz ist bei solchen Lösungen in der Regel höher, da die Einstiegs- Bild 3: Thierry Bieber, Industry Segment Manager bei HMS: „Viele IIoT-Projekte gelingen nicht, weil man zu groß startet, denn in diese Thematik wächst man am besten schrittweise hinein.“ © HMS Einkaufsführer Produktionsautomatisierung 2023 13

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